Am Tag der Volksbefragung über die Wehrpflicht zählte ich zu den "Wahlsiegern" und damit war ich bestimmt einer der wenigen in meinem Freundeskreis. Ich war damals zwiegespalten, einerseits wollte ich das Berufsheer aber andererseits zugleich ein verpflichtendes soziales Jahr. Ich entschied mich, wie es die Demokratie befiehlt, für das meiner Meinung nach geringerer Übel und trug folglich dazu bei, dass ich zur Zeit bin was ich bin. Ein Zivildiener im Dienste der Volkshilfe Steiermark.

Herausforderung

Auf Grund meiner früheren Tätigkeit als ehrenamtlicher Mitarbeiter im Seniorenzentrum Eggenberg in Graz fand ich mich von Anfang an sehr gut zu Recht und durfte schon nach wenigen Tagen verschiedenste Aufgaben im Haus übernehmen. Ob Stockmädchendienst, Reinigungsarbeiten oder Seniorenbetreuung - all das wurde mir anvertraut und ich tat mein Bestes um die Bewohner des Heimes, die lieben Kollegen und die Hausleitung zufrieden zu stellen. Mit diesen Aufgaben kamen aber auch wieder der Frust und das Unverständnis gegenüber Politik und Bevölkerung in mir hoch.

Zurück zur Tagesordnung

Die so überaus wichtigen Neuerungen rund um diese Thematik blieben aus und Herr und Frau Österreicher kehrten nach einigen Wochen des Forderns wieder zur Tagesordnung zurück. Versprochen wurde mir nichts das gebe ich zu, dennoch habe ich viel erwartet. Eine Gleichstellung des Zivil- und Wehrdienstes wäre das Mindeste gewesen, nachdem in jeder Debatte die Wichtigkeit des Zivildienstes für unser Land hervorgehoben und als Argument missbraucht worden war. Aber nicht nur das, auch eine faire Anzahl an Urlaubstagen und eine menschengerechte Behandlung der Zivildiener im Krankheitsfall hätte ich mir erhofft.

Denn zur Zeit haben Zivildiener, als vollwertiger Mitarbeiter in neun Monaten einen Urlaubsanspruch von zehn Tagen und sollten sie sich länger als 18 Tage im Krankenstand befinden, so wird ihr Dienstverhältnis automatisch beendet. Das Argument, Zivildiener stellten ohnehin keine wirkliche Hilfe dar, kann ich aus eigener Erfahrung zurückweisen und selbst wenn dem so wäre, glaube ich sollten Einrichtungen darüber nachdenken wie sie ihre, vom Staat für neun Monate verpflichteten Unterstützer, richtig einsetzen könnten. Denn der viel zu legere Umgang mit diesem enormen Arbeitspotenzial beginnt bei der Stellung, wo junge Männer mit Allergien und Fußfehlstellungen untauglich geschrieben werden und endet in Krankenhäusern, wo scheinbar das "Bettenschieben" einziges Beschäftigungsfeld darstellt.

Wünsche

Neben diesen schnell umsetzbaren Forderungen drängen sich mir der ein oder andere Wunsch auf. Wie schon erwähnt könnte ich mir ein verpflichtendes soziales Jahr für alle jungen Männer, sowie ein freiwilliges für alle jungen Frauen gut vorstellen. Denn sehe ich mich in meinem Heim um, so wird mit ca. 15% männlichen Mitarbeitern klar, welches Geschlecht eine soziale Erfahrung in seinem Lebenslauf eher nötig hätte und welches eher nicht. Weiters würde ich mir den einfacheren Zugang zu Zivildienststellen im Ausland sowie ein Wechseln der Zivildienststelle innerhalb der neun Monate wünschen. Somit könnte Österreich seinen Teil dazu beitragen, dass Hilfe auch dorthin gelangt wo sie am meisten gebraucht wird und den Zivildienern zu Hause Erfahrungen in den unterschiedlichsten Bereichen bieten.

In Hinblick auf meinen Bereich wäre eine engere Zusammenarbeit von Kindergärten und Seniorenheimen wünschenswert. Kinder, wie ich eines war, deren Großeltern nicht schnell erreichbar sind, hätten auf einmal die Möglichkeit eine Beziehung zu älteren Menschen aufzubauen und in die oftmals stillen Mauern eines Seniorenheimes käme wieder frischer Wind. Wir müssen uns klar werden, dass beinahe ein jeder von uns irgendwann in einem solchen Heim leben wird und deshalb muss es in unser aller Interesse sein diese Situation zu verbessern.

Eine Gesellschaft, in der schon die Jüngsten erfahren was es heißt Rücksicht zu nehmen und in der junge Erwachsene dazu verpflichtet werden soziale Leistungen zu erbringen, könnte eine neue Generation ankündigen. Eine Generation, die Glück nicht mehr über Profit und das ständige Ich definiert, sondern über das Glück Verantwortung übernehmen zu dürfen. (Leserkommentar, Jakob Signitzer, derStandard.at, 18.11.2013)