Wien - Agatha Christies Gerichtskrimi Witness for the Prosecution dreht sich primär um die Frage, wer die Wahrheit spricht. Strafverteidiger Sir Wilfrid Robarts (Robin Kingsland) tappt auch im Vienna's English Theatre bis zum überraschenden Ende im Dunkeln. Tatsächlich ist der finale Plot-Twist das Um und Auf des Stücks und darf, selbst wenn Billy Wilders Verfilmung mit Marlene Dietrich kanonisiert ist, auf gar keinen Fall verraten werden.

Sogar im Programmheft der Inszenierung von Philip Dart werden noch falsche Fährten gelegt. Klar ist lediglich, dass der junge Leonard Vole (Chris Polick) des Mordes an einer wohlhabenden Dame beschuldigt wird. Die Beweislast ist erdrückend und das gurkenkühle Gebaren von Voles Frau und Alibi Romaine (Katharina Stemberger) mehr als rätselhaft. Für Sir Robarts wird es kein Leichtes, seinen Klienten vor dem Galgen zu bewahren.

Die Aufführung gibt sich betont klassisch. Barocke Musik eröffnet das Spiel, Freunde der gepflegten Holzvertäfelung sollten beim Bühnenbild von Sue Mayes schwitzige Pfoten bekommen. Auch die Lockenperücken sitzen perfekt. Der Esprit von Wilders Regiearbeit fehlt leider, doch sorgen mit Robarts' Sekretärin (Clare Scott) und dem Richter (John Fleming) zwei Nebenfiguren für etwas Witz.

Stemberger, nomineller Star der Inszenierung, fügt sich mit rollengerechter Distanziertheit in das Ensemble ein, zeigt aber zum Schluss spürbare Emotionen. Ansprechend agieren auch die übrigen Darsteller dieses artig unterhaltenden Klassikers. (Dorian Waller, DER STANDARD, 19.11.2013)