Festivalgründer Enrique Bedoyas mit Besucherin Isabela.

Foto: Siniša Puktalović

Botschafter von El Salvador in Wien, Mario Rivera mit Ehefrau. Er kam als "Amtsträger und Fan" zur Eröffnung.

Foto: Siniša Puktalović

Tina Leisch. Mit Roque Dalton.

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"Die Poesie ist, wie das Brot, für alle" – schrieb der salvadorianische Nationaldichter Roque Dalton in seinem bekannten Werk "Wie du". Sein berühmter Satz ist auch das Motto des diesjährigen Mittelamerikanischen Filmfestivals in Wien. Zur Eröffnung der Veranstaltung strömten Schüler, Studenten, Lateinamerika-Reisende, NGO-Mitarbeiter, Professoren und Diplomaten in das neue Stadtkino im Wiener Künstlerhaus.

Ursprung im 8. Bezirk

Der Ursprung des Filmevents datiert aus dem Jahr 2007, als im 8. Wiener Gemeindebezirk alle Kinos geschlossen wurden. Aus dieser kulturellen Lethargie heraus, gepaart mit dem Willen, das österreichische Publikum mit den mittelamerikanischen Filmemachern bekanntzumachen, entstand die Idee des in Wien lebenden Enrique Bedoyas, die Distanz zwischen Mittelamerika und Mitteleuropa auf filmischem Wege zu verkürzen.

Das Festivel bietet jedes Jahr einen neuen Schwerpunkt. Der Unterschied zu den vergangenen fünf Ausgaben bestehe darin, erläutert Bedoya, dass diesmal "auch Werke österreichischer Filmemacher, die in Lateinamerika gedreht haben", präsent sind. Zielgruppe sei dabei eindeutig das österreichische Publikum, trotzdem freuen sich die Organisatoren, wenn die heimische Latino-Community vorbeikommt, "weil sie das Ambiente auch mitgestalten".

Besonderheiten des Ereignisses

Bei diesem Filmfestival werden nicht die typischen Blockbuster gezeigt, wie es bei anderen üblich sei, meint Hauptorganisator Bedoya. Er ist stolz darauf, dass bei der Veranstaltung "prekäre Produktionen ohne kommerzielle Verpackung und mit extrem reduzierten Budgets" aufgeführt und so der breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. Der Botschafter von El Salvador in Wien, Mario Rivera, der als "Amtsträger und Fan" zur Eröffnung kam, betonte den Unterschied zu Hollywood: Bei diesem Event gehe es weniger um "Geschäftemacherei" als vielmehr um die "kulturellen, politischen und sozialen Botschaften" der Werke. Eine weitere Besonderheit ist, dass alle Mitarbeiter der Veranstaltung ehrenamtlich arbeiten. Die österreichische Regisseurin Tina Leisch hob auch hervor, dass es "keine Chefs gibt, die anderen etwas anweisen".

Buntgemischte Themen

Die Themenvielfalt der Produktionen ist beeindruckend. Natürlich dürfen die politischen und sozialen Themen, mit denen sich die Menschen nach den Bürgerkriegen der 80er-Jahre in El Salvador, Guatemala und Nicaragua noch immer beschäftigen, nicht fehlen. Das Stück Tina Leischs "Roque Dalton: Fusilemos la noche – erschießen wir die Nacht" eröffnete die Filmwoche. Die Österreicherin, die ein Jahr lang den Bürgerkrieg in El Salvador erlebte, widmete ihren Dokumentarfilm dem wichtigsten salvadorianischen Dichter und politischen Aktivisten Roque Dalton, dem "Bertolt Brecht Mittelamerikas". Dalton gelang es zweimal, einer Hinrichtung zu entkommen, nachdem er wegen politischer Agitation und revolutionärer Lyrik zum Tode verurteilt war.

Beim diesjährigen Festival debütieren Stücke, die sich mit Themen wie Feminismus, Migration oder der Lebenswirklichkeit der indigenen Bevölkerung auseinandersetzen. Zum ersten Mal werden auch Unterhaltungsfilme, Horrorfilme und Science-Fiction-Filme angeboten.

Die thematisch bunte Mischung aus verschiedenen Filmgenres wird in spanischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln ausgestrahlt. Isabela, 23, mit deutsch-kubanischen Wurzeln, freut sich sehr über den Originalton: "Bei uns in Norddeutschland würde das anders ausschauen". (Balázs Csekő, 19.11.2013, daStandard.at)