Auf Plätzen wie diesem, vor dem Grazer Rathaus, soll man künftig nur mit Schein um Geld bitten dürfen.

Foto: Gubisch

Graz - Die seit den 1990er-Jahren immer wieder aufflammende Diskussion über bettelnde Menschen in Graz ist von der VP wieder neu befeuert worden. Anfang des Jahres wurde ein unter großen Protesten vom Landtag beschlossenes generelles Bettelverbot vom Verfassungsgerichtshof gekippt.

Nun probiert man es wieder auf Stadtebene. Wie der Standard berichtete, brachte am Freitag die Grazer VP einen Antrag für "Lösungsstrategien im Umgang mit bettelnden Menschen" ein.

Teile der Opposition sprechen aber von einem "Bettelverbot light". Nur Teile, denn der einzige Pirat im Gemeinderat, Philip Pacanda, spielte Zünglein an der Waage und stimmte überraschend mit VP und FP für den Antrag, der das Präsidialamt des Magistrates auffordert zu prüfen, "unter welchen Bedingungen sektorales Betteln (Erlaubnisbereiche für das Betteln) in Graz realisierbar ist".

Pacanda, der VP und FP zu einer Mehrheit von 25:23 Stimmen verhalf, ist parteiintern extrem unter Druck und betont nun, er sei gegen ein Bettelverbot.

Konkret sollen Bettler vor allem in der Innenstadt nur mehr mit einem Erlaubnisschein betteln. In einem weiteren Punkt des Antrags wird die Exekutive aufgefordert, das Betteln von Minderjährigen und "aggressives" Betteln (mitlaufen, ansprechen) zu exekutieren. Denn dieses ist in Graz seit Jahrzehnten verboten. Genau da sieht auch Verfassungsrechtler Christian Brünner das Problem, wie er dem Standard erklärt: "Die Polizei soll das endlich exekutieren, dann wäre aus der Sache die Luft heraußen. Es sind wenige Fälle, die alle Bettler diskreditieren."

Obwohl auch eine "Erlaubnisregelung eine Verschärfung" sei, glaubt Brünner, dass die nun angestrebte Verordnung vor dem Verfassungsgericht halten werde.

Stadtpolizeikommandant Kurt Kemeter reagiert auf den Vorwurf der Untätigkeit im Standard-Gespräch energisch: Aus der Bevölkerung selbst seien keine Beschwerden gekommen, so der Polizeichef: "Und solange es nicht massive Beschwerden wegen aggressiven Bettelns gibt, wird das nicht anders behandelt als Verwaltungsübertretungen. Also ansprechen und abmahnen."

Die Rolle der Kronen Zeitung

Doch seit kurzem sei alles anders. Die Polizei reagiere nun wegen der "Initiative der VP und dem Vorwurf der Kronen Zeitung", so Kemeter, "seit 17. Oktober haben wir 36 Anzeigen erstattet, und da sind auch schon Wiederholungstäter dabei". Wenn Bettler die Strafen nicht zahlen können, droht ihnen Haft. Zudem fordert Kemeter: "Wenn es der Stadt ein Anliegen ist, sollen sie die Ordnungswache mit einbinden. Da ist noch gar nichts geschehen."

Die Gemeinderätin der Grünen Astrid Polz-Watzenig spricht im Zusammenhang mit dem Antrag von "moralischer Verwahrlosung" bei der "angeblich christlich-sozialen VP" und fordert die Stadt auf, endlich "die Empfehlungen des Menschenrechtsbeirates ernst zunehmen und menschenrechtskonforme Lösungsstrategien zu erarbeiten".

Nora Musenbichler (Vinzi-Werke), die mit den Bettlern in Kontakt ist und "deren Nöte kennt", sowie der Chef der Arge Jugend gegen Gewalt und Rassismus Christian Ehetreiber kritisieren das "Bettelverbot reloaded". (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 20.11.2013)