Der Fall Taboga hat wieder an all jene Spiele denken lassen, bei denen es verdächtige Wettquoten gab: Grödig gegen Kapfenberg vom 5. April, auf das in den ersten beiden Spielminuten in Asien mehrere Hunderttausend Euro gesetzt wurden. Oder: Das ähnlich auffällige Kapfenberg gegen Red Bull Salzburg vom März 2012 und nicht zu vergessen das 2011 meisterschaftsentscheidende Spiel Wiener Neustadt gegen Sturm Graz, bei dem durch einen grotesken Hands-Elfer das Siegtor gefallen ist.

Es ist schon verdächtig, dass überhaupt in Asien auf österreichische Spiele gesetzt wird. Skeptisch werden dann überraschende Ergebnisse betrachtet, und sehr schnell wird an ein manipuliertes Spiel gedacht. Dennoch sollte festgehalten werden, dass nicht jeder überhöhte Einsatz auch ein Wettbetrug ist, oft sind überhöhte Einsätze auch anders zu erklären.

Dazu muss man wissen, wie Wettquoten gebildet werden: Das Wettbüro muss zuerst einmal Quoten vorgeben und selbst quasi erraten, wie das Spiel ausgeht.

Die Idealvorstellung des Wettbüros wäre, immer zu gewinnen, was gelingt, wenn die Einsätze entsprechend den Quoten verteilt sind. Ein Beispiel: Wenn beim Masters-Finale Rafael Nadal gegen Novak Djokovic die Quote auf Nadal 1:2,15 stand und auf Djokovic 1:1,65 und insgesamt 10.712 Euro auf dieses Spiel gewettet wurden, wäre die gewünschte Verteilung für das Wettbüro, wenn auf Sieg Nadal 6061 Euro gesetzt worden wären und auf Sieg Djokovic 4651. In dem Falle müssten unabhängig vom Ausgang 10.000 Euro ausbezahlt werden, dem Wettbüro blieben 712 Euro Gewinn.

Wären aber etwa jeweils 5000 Euro auf Nadal und Djokovic gesetzt worden, dann wären im Falle eines Sieges von Djokovic zwar nur 8250 zur Auszahlung gekommen, wodurch das Wettbüro 1750 Gewinn hätte, im Falle eines Sieges von Nadal aber 10.750 Euro, und das Wettbüro hätte einen Verlust von 750 Euro gehabt.

Dieses Risiko mag sich zwar manchmal für das Wettbüro auszahlen, in Summe ist aber ein ausgewogenes Verhältnis sinnvoller, da risikolos ein sicherer Gewinn erzielt wird. Dazu müssen die Quoten immer angepasst werden. Bei höheren Einsätzen auf Nadal muss dessen Quote reduziert und jene für Djokovic erhöht werden.

Dies ist auch der Grund, warum Wetten in Österreich als Geschicklichkeitsspiel (und nicht als Glücksspiel) gilt, denn der Spieler kann durch Quotenbeobachtung viel beeinflussen. Aber nicht nur wegen der laufenden Veränderung der Quote, sondern weil verschiedene Wettbüros unterschiedlichen Quoten anbieten.

Bei der WM-Generalprobe, Brasilien - Spanien, gab es etwa Quoten auf den Sieger Brasilien zwischen 2,45 und 2,84. Jemand der 100 Euro auf den Sieg von Brasilien beim Büro mit der Quote 2,45 gesetzt hatte, hat bei gleichem Risiko um 39 Euro weniger Gewinn erhalten als beim Büro, das die Quote 2,84 geboten hatte.

Dieser Quotenunterschied lag daran, dass einige Buchmacher Spanien als Favoriten sahen, andere Brasilien. Wenn derartige Auffassungsunterschiede schon bei derartig wichtigen Spielen entstehen, ist klar, dass dies bei Spielen etwa der Regionalliga noch viel stärker der Fall ist.

Sogar sichere Wetten sind möglich, also Wetten, die immer zu einem Gewinn führen. So ein Fall war etwa im Semifinale des ITF-Tennisturniers von Olomouc zu beobachten. Hier spielte Barbora Záhlavová gegen Katarzyna Piter, wobei zwar alle Wettbüros Záhlavová als Favoritin sahen, aber mit unterschiedlichen Quoten. So war in einem Wettbüro die Quote auf Záhlavová bei 1:1.5 und in einem anderen die Quote auf Piter bei 1:3.35. Setzte man etwa 6667 Euro auf Záhlavová und 2985 Euro auf Piter, so wurden 10.000 Euro gewonnen, egal wie die Partie ausging, und dies bei 9652 Euro Einsatz, der Spieler gewann also 348 Euro, das entspricht einer Verzinsung von 3,61 Prozent innerhalb von Stunden.

Natürlich führen solche immer wieder zu beobachtenden "sure bets" zu einem starken Wettaufkommen. Viele Spieler warten auf solche Konstellationen und setzen nur dann.

Gegen geringe Gebühr

Die hohen Auszahlungsquoten führen aber gerade bei asiatischen Anbietern, die teilweise wenig Kontrollen zu befürchten haben, auch zum Zwecke der Geldwäsche zu hohen Einsätzen. In diesem Falle reichen schon gute Quoten mit 98 Prozent aus, da so quasi mit einer geringen Gebühr "sauberes" Geld erhalten wird.

Dabei ist es vollkommen egal, ob auf ein WM-Finale oder auf die österreichische Regionalliga gesetzt wird. Entscheidend sind nur die Quoten. So kann es dann schon vorkommen, dass auf ein Fußballspiel mit nicht einmal hundert Zuschauern einige Hunderttausend Euro gesetzt werden.

Diese Fälle zeigen daher klar, dass erhöhte Wetteinsätze nicht unbedingt auf Manipulationen zurückzuführen sind.

Aber natürlich gab es leider auch schon oft genug Manipulationen: 1919 etwa, als die "unschlagbaren" White Sox das Baseballfinale für 100.000 US-Dollar Bestechungsgelder verloren. Oder man erinnere sich an den Skandal um den deutschen Fußball-Referee Robert Hoyzer, der wegen Manipulationen etwa bei einem Spiel des HSV zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde.

5000 Euro Anzahlung

Auch Österreich ist immer wieder davon betroffen. Am 4. März 2006 soll versucht worden sein, das Spiel Sturm Graz gegen Salzburg zu manipulieren. Der damalige Sturm-Spieler Bojan Filipovic, soll damals 5000 Euro Anzahlung erhalten haben, um sicherzustellen, dass Sturm verliert. Groteskerweise hat Sturm damals sogar 4:0 gewonnen, Filipovic erzielte sogar den Führungstreffer. Ein Telefonat, bei dem er sich für sein Tor und den Sieg entschuldigte, wurde abgehört.

Insbesondere das sogenannte "Asian Handicap" erleichtert Manipulationen. Dabei wird versucht, den Klassenunterschied zweier Mannschaften zu egalisieren. Der Außenseiter bekommt einen virtuellen Vorsprung von zwei Toren, bei einem Spiel Red Bull Salzburg gegen Admira würde Salzburg mit mindestens drei Toren Differenz gewinnen müssen, damit jemand, der auf Salzburg setzt, die Wette gewinnt. Sollte jemand auf Admira setzen, so würde die Wette schon bei einer Niederlage von Admira mit nur einem Tor Differenz gewonnen werden.

Mit dieser Variante werden Manipulationen leider begünstigt. In einem wichtigen Spiel, bei dem zwei Mannschaften auf einer Höhe spielen, wird es schwierig sein, jemanden dazu bringen zu verlieren. Jemanden, der aber ohnehin mit hoher Wahrscheinlichkeit verlieren wird, dazu zu bringen, dass er hoch verliert (nämlich über dem Handicap), erscheint hingegen wesentlich einfacher.

Deswegen: Auffallende Wetteinsätze sind Hinweise für Manipulationen, müssen aber nicht zwangsläufig Manipulationen sein. Jetzt muss festgestellt werden, ob es sich um Einzelfälle handelt oder aber die Behauptung des deutschen Aufdeckerjournalisten Jürgen Roth zutrifft, dass "Fußball in Österreich massiv von der Mafia kontrolliert" wird. (Markus Knasmüller - DER STANDARD, 20.11. 2013)