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Der letzte Lehrerstreik war vor zehn Jahren.

Foto: APA / Barbara Gindl

Jahrelang galt es als ehernes sozialpartnerschaftliches Gesetz, dass Änderungen des Lehrerdienstrechtes nur mit Zustimmung der Gewerkschaften beschlossen werden können. Das ist Vergangenheit: Die Regierung hat eine Dienstrechtreform gegen den Widerstand der Lehrer – bzw. ihrer Funktionäre – beschlossen, der Nationalrat wird sie mit großer Wahrscheinlichkeit verabschieden.

Und nun gehen viele davon aus, dass die Gewerkschaften als Reaktion einen Streik ausrufen werden. Auch das ist nicht fix. Ein Streik wäre unpopulär und politisch sinnlos: Es ist kaum vorstellbar, dass die neue SP-VP-Koalition in dieser Sache noch in die Knie geht, selbst wenn Schulkinder stunden- oder tageweise keinen Unterricht erhalten.

Aber hier stellt sich eine prinzipielle Frage: Wie kämen eigentlich öffentlich Bedienstete dazu, ihre Dienstverpflichtung nicht zu erfüllen, bloß weil sie mit einer Entscheidung demokratisch gewählter Volksvertreter nicht einverstanden sind?

Und die Steuerzahler?

Können Steuerzahler etwa streiken, weil sie mit der letzten Steuererhöhung nicht einverstanden sind? Junge Männer den Wehr- und Zivildienst verweigern, weil sie sich eigentlich doch ein Berufsheer wünschen? Wozu haben wir ein Parlament, wenn es nicht – im Rahmen der Verfassung - autonom entscheiden darf?

Ich sage nicht, dass das neue Dienstrecht unbedingt der Weisheit letzter Schluss ist. Die Gewerkschaft hatte jedes Recht, sich in die Verhandlungen einzubringen. Aber dies hat sie auf eine Weise gemacht, die jede Reform blockiert hat. Und nun muss sie die neuen Gesetze akzeptieren, genauso wie es jeder andere Staatsbürger muss.

Ihre Unzufriedenheit gibt ihnen kein Recht, Schüler auch nur einen Augenblick unbeaufsichtigt zu lassen und Eltern dadurch zusätzliche Mühen und Kosten aufzuzwingen.

Universaler Vertretungsanspruch

Das gilt besonders für eine Reform, die die derzeit tätigen Lehrer gar nicht direkt betrifft. Es spricht zwar für den Universalanspruch der Gewerkschaften, dass sie sich auch als Vertreter zukünftiger Lehrer sehen. Aber wie der Interessensausgleich zwischen Schülern, Lehrern und den öffentlichen Haushalten in Zukunft aussehen soll, muss im Rahmen der regulären Demokratie entschieden werden und nicht der - verfassungsmäßig gar nicht existierenden - Sozialpartnerschaft.

Das gilt auch dann, wenn das neue Dienstrecht tatsächlich ein Sparpaket ist, wie es die Gewerkschaft behauptet. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf bestimmte Gehaltshöhen im Jahr 2050, den man mit Arbeitsverweigerung verteidigen darf.

Anders als in der Privatwirtschaft

Österreich hat bekanntlich kein rechtlich verbrieftes Streikrecht. Bei Lohnverhandlungen in der Privatwirtschaft steht es außer Zweifel, dass organisierte Arbeitsniederlegungen keinen Rechtsverstoß darstellen und sowohl legal als auch legitim sind.

Aber im öffentlichen Dienst stehen den Gewerkschaften ja nicht  gewinnmaximierende Unternehmen gegenüber, sondern die Vertreter einer demokratisch gewählten Regierung. Auch Lehrer haben ein Wahlrecht und können so politische Entscheidungen beeinflussen. Ein Streikrecht haben sie nicht. (Eric Frey, derStandard.at, 20.11.2013)