Die Kreativität der Werbebranche ist grenzenlos. Genauso wie die Phantasie unseres Autors Stefan Ender. Er denkt sich an dieser Stelle wöchentlich eine Geschichte zu einer aktuellen Werbekampagne aus. Das Magazin mit dem aktuellen Werbesujet wird fotografiert von Lukas Friesenbichler.
Foto: Lukas Friesenbichler

Natürlich war es Toru und James schon seit längerem klar gewesen, dass es so nicht weitergehen konnte. Beim Urlaub auf den Fidschis im letzten Winter hatte es noch ein letztes Aufflackern dieser Leidenschaft gegeben, die ganz zu Anfang da gewesen war, aber seit damals... Letztlich war James das Angebot, dass Toru die Niederlassung von Goldman Sachs in Tokyo leiten sollte, fast wie ein willkommener Geburtshelfer für die längst fällige Trennung erschienen. In der Schweiz hatte sich Toru sowieso nie wohl gefühlt, den Job bei Credit Suisse hatte er nur wegen James angenommen.
Lass uns doch nach dem Cresta-Rennen noch auf die Corviglia fahren und reden, hatte er zu Toru gesagt, da ist die Luft so kalt und rein, man kann klare Gedanken fassen. Und jetzt doch plötzlich wieder dieser Anflug von Melancholie... Sie hatten eben einige schöne Momente zusammen gehabt. Wilhelm, der Weimaraner, sollte natürlich bei James bleiben, solange der den Vertrag als Creative Director von Bally noch erfüllen musste - Wil liebte Reto, den Dogsitter aus dem Appenzell, einfach abgöttisch. Und  Zürich war für einen Hund natürlich auch zehn Mal angenehmer als Tokyo.

James seufzte fast unhörbar. Er nahm sich vor, gleich am nächsten Wochenende zu Tyler nach London zu fliegen. Der hatte ihn in den schwierigen Phasen seines Lebens noch jedesmal wieder aufgerichtet. (Stefan Ender, derStandard.at, 12.1.2014)