Beide Teams setzten von Beginn an auf ein 4-2-3-1 mit einigen ungewohnten Namen. Jürgen Klinsmann musste auf Starspieler wie Landon Donovan oder Clint Dempsey sowie fünf Spieler, die in den MLS-Playoffs engagiert sind, verzichten. Marcel Koller ließ für die verletzten Sebastian Prödl, Zlatko Junuzovic und Emanuel Pogatetz die Debütanten Lukas Hinterseer und Martin Hinteregger auflaufen. Mit Philipp Zulechner und Kevin Wimmer debütierten im Spielverlauf immerhin vier Spieler.

Grafik: Tom Schaffer, ballverliebt.eu

Österreich zeigte sich nach dem Trainingslehrgang in Alicante noch nicht vollkommen ausgewechselt, aber recht vielseitig. Mit dem Ball beim Torhüter formierte sich Österreich zumindest gelegentlich zu einem 3-3-4 und zog den Gegner damit in die Breite.

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Mit dem Ball wie gegen selbigen blieb Österreich in der ersten Stunde vor allem im gewohnten 4-2-3-1 und machte damit vor allem das Zentrum für die recht passiven Amerikaner dicht.

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Zwei Viererketten, eng zusammen, tief drinnen. Österreich testete in der letzten halben Stunde vor allem das Mauern im 4-4-1-1. Das dazugehörige Konterspiel funktionierte noch nicht nach Wunsch.

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Das Freundschaftsspiel gegen die USA hatte für das ÖFB-Team von Marcel Koller im Prinzip zwei Teile. Im ersten Teil (der etwa die erste Stunde des intensiv geführten Tests mit begrenztem Unterhaltungswert andauerte) haben die Österreicher vor allem versucht, über den Ballbesitz ins Spiel zu kommen. Im zweiten Teil probierten sie, eine Führung kompakt zu verteidigen.

Anfangs versuchte das Team geduldig die Gegnerreihen mit Kurzpassspiel zu überwinden. Dabei hervorzuheben ist die Rolle von Christoph Leitgeb vor der Abwehr, dem in den letzten Teamspielen anzusehen war, dass ihm die interne Konkurrenz bei Salzburg guttut. Der 28-Jährige bot sich oft für Anspiele an, um danach Meter zu machen. Der brave Lukas Hinterseer gab für Zuspiele von hinten immer wieder die Prallwand - hielt also den Ball nicht lange, sondern legte sofort für einen mit Tempo nachstoßenden Spieler ab.

Kaum Chancen auf beiden Seiten

Die US-Amerikaner versuchten zwar das Zentrum zuzustellen. Da sie aber ohne merkbares Pressing agierten, umspielten die Österreicher die ersten Hürden ohne große Probleme. Sie hatten mit dieser Methode das Heft sofort in der Hand, kreierten aber kaum Chancen aus ihrer Kontrolle heraus.

Die Möglichkeiten des ÖFB-Teams enstanden - wie so oft - eher aus dem Umschaltspiel. Einem Ballgewinn in der Mitte des Feldes folgte irgendwann fast garantiert ein Pass auf Schaltstelle Marko Arnautovic. Die Amerikaner verschoben recht stark zur Seite. Deshalb war die beste Option des Stoke-Spielers häufig nicht der mitlaufende Christian Fuchs, sondern die Verlagerung auf die rechte Seite, wo die Gäste Platz ließen und vor allem Martin Harnik eine sehr aufwändige Leistung bot. Dieser Spielzug war bereits mehrmals in Ansätzen zu sehen, ehe er über den seltener als Fuchs aufgerückten Gyrögy Garics zum einzigen Tor des Abends führte (33').

Auch die Gäste starteten weitgehend harmlos, bis zwei Weitschüsse und das vermeintliche Eckballtor sie nach einer Viertelstunde aus der Lethargie holten. Unmittelbar danach hatten sie zwar phasenweise mehr vom Ball, gingen mit diesem aber unpräzise um. Eine weitere und die erste herausgespielte Chance für die USA folgte erst kurz vor der Pause (43.). Apropos: Bei hoch hereingespielten Cornern zeigte Österreich in Abwesenheit von Sebastian Prödl und Emanuel Pogatetz durchaus Schwächen am kurzen Eck. Nicht nur bei ihrem möglichen Tor (17.) waren die Gäste dort gefährlich, auch Jozy Altidore hätte aus einem solchen ausgleichen müssen (45.).

Ansatzweise fluide Formationen

Österreich gestaltete sein Formationsspiel recht abwechslungsreich. Gegen den Ball hatte man den üblichen 4-2-3-1/4-4-1-1-Hybrid zu bieten. Gelegentlich lief auch nur ein Spieler zwischen den beiden Viererreihen den Raum für Jozy Altidore und Aron Johansson zu. Spielte man aus der Abwehr, agierte man im gewohnten 4-2-3-1 (mit David Alaba etwas versetzt vor Leitgeb). Ließ der Gegner einen Spielaufbau über den Torwart zu, fiel ein defensiver Mittelfeldspieler zwischen die Innenverteidiger. So bildete sich gelegentlich ein 3-3-4 (siehe Bild links). Mit diesem Muster zog man den Gegner in die Breite und konnte so auch vertikal durch die sonst verengte Mitte spielen.

Am schönsten funktionierte das in der 28. Minute, als eine Aktion über Leitgeb mit einem misslungenen Arnautovic-Querpass endete. Beide Aufbau-Varianten waren im Zweifelsfall auch geeignet, um den langen Ball auf die Stürmer zu suchen. Das kennt man bereits aus der Vergangenheit als erprobtes Mittel, vor allem wenn Marc Janko auf dem Platz steht. Robert Almer, auf der Linie einmal mehr ein tadelloser Rückhalt, war bei seinen Abschlägen allerdings das eine oder andere Mal weniger zielsicher als gewohnt.

US-Risiko gegen AUT-Sicherheit

Im Laufe der zweiten Hälfte stellte Jürgen Klinsmann sein wenig aufregend interpretiertes 4-2-3-1 naturgemäß personell immer risikoreicher auf und transformierte es schließlich mit der Hereinnahme von Terence Boyd auch grundsätzlich in ein 4-1-3-2. Dass die (kaum gegen die Abwehr pressenden) Österreicher an diesem Abend immer weiter zurückgedrängt wurden, hatte aber primär andere Gründe. Es war für Koller wohl der Sinn des Tests.

Im Zentrum der Versuche stand offensichtlich das von Koller beim Trainingslager in Alicante angesprochene "zweite Gesicht": mit zwei Viererreihen tief stehen, einen Vorsprung verteidigen, nach Möglichkeit kontern. Vor allem nach etwa einer Stunde (bis dahin kontrollierte man auch die zweite Hälfte) stand man sehr kompakt. Das habe man in Spanien geübt, kommentierte der Schweizer. In der Schlussphase rührte der Teamchef dann richtig Beton an und testete mit Florian Klein und Markus Suttner zwei Verteidiger auf den Außenpositionen im Mittelfeld (Koller: "Ein Verteidiger läuft eher zurück als ein Stürmer").

Ideenlose Amerikaner

Auf die zunehmend nach vorne stürmenden US-Spieler segelten dadurch vor allem immer wieder wirkungslose hohe Bälle. Eine gut herausgespielte Aktion, die Österreich vollkommen aus dem Konzept hätte bringen können, gab es nicht. Die beiden nennenswerten Chancen (Cameron (67'), Altidore (74')) entstanden eher mit der Brechstange.

Jürgen Klinsmann sah bei der Pressekonferenz alles eher gelassen. Er geht wohl davon aus, dass Chancenauswertung und -entstehung mit den fehlenden Spielern (etwa dem kaltschnäuzigen Clint Dempsey oder dem Routinier Landon Donovan) besser funktioniert hätten. Auch mit ihnen wird die Klinsmann-Truppe bei der WM aber wohl eine günstige Auslosung brauchen, um in die K.-o.-Phase zu kommen. Die Nummer 13 der Fifa-Weltrangliste ist nicht wirklich aus dem Holz der Top 16 geschnitzt.

Zu wenige Konter für Österreich

Der Testzweck im kühlen und geräumigen Ernst-Happel-Stadion gelang für Österreich also einigermaßen. Diesmal nahm das Team ein Freundschaftsspiel auch mit dem gebührenden Ernst in Angriff. Aufmerksamen Beobachtern sowie dem ÖFB-Teamchef entging trotzdem nicht, dass zur vollen Zufriedenheit so manches fehlte. Der Sieg war im Endeffekt auch wegen zumindest eines gerechtfertigten Elferalarms für die Gäste nicht ganz gerecht und das Zu-Null etwas glücklich.

Vor allem aber war Österreich selbst im Konter einfach zu harmlos. Nur dreimal kam man in der zweiten Hälfte zu einem nennenswerten Abschluss. Neben einem zu schwachen Schuss von Harnik aus guter Strafraumposition (77') stehen allerdings nur ein Schuss aus Abseitsposition (Harnik, 48') und ein gescheiterter Konter in in einer durch viele Wechsel zerfahrenen Phase der Partie (Ivanschitz, 93') zu Buche. "Bei Ballgewinn hat die Bewegung nach vorne nicht so funktioniert. Man muss sich da aus vollem Lauf lösen. Wir haben etwas zu ungenau gespielt", erklärte Koller auf Nachfrage das Problem.

Mit den Debütanten zeigt sich Koller übrigens bei der Nachbesprechung am Mittwoch zufrieden: "Die Leistungen stimmen mich sehr positiv. Während der Quali ist es nicht gut, wenn man Spieler testen muss. Deshalb war es gut, das jetzt zu machen." Vor der nächsten EM-Qualifikation hat der ÖFB bedauerlicherweise nicht mehr viele Spiele. Der Fußballkalender ist ein schwieriges Pflaster, und so stehen nur drei Tests. Das nächste Mal kommt das Team im März zusammen. Es wird wieder ein Heimspiel sein - diesmal in Klagenfurt. (Tom Schaffer, derStandard.at, 20.11.2013)