Wien - Die rot-grüne Stadtregierung hat am Mittwochnachmittag einen bis zu 133 Mio. Euro schweren Marketing-Vertrag mit dem SP-nahen Bohmann Verlag beschlossen. Der Deal läuft ab Beginn 2014 fünf Jahre lang - mit Möglichkeit einer Verlängerung um drei weitere Jahre. ÖVP und FPÖ stimmten gegen den Tagesordnungspunkt. Denn die Summe sei unverhältnismäßig hoch, die Vergabe dubios verlaufen, so der Vorwurf.

Der betreffende "Rahmenvertrag Stadtkommunikation" zwischen dem Presse- und Informationsdienst des Rathauses (PID) und der Bohmann Druck- und Verlagsgesellschaft umfasst die Produktion von Gratiszeitschriften, Foldern oder Magazinen. ÖVP-Mandatarin Isabella Leeb rechnete vor, dass die Stadt inklusive anderer Werbekosten und PID-Budget jährlich mehr als 100 Mio. Euro für Werbung ausgebe - und das in Zeiten knapper Mittel. Die Stadt habe jegliche Relation zum tatsächlich erforderlichen Info-Bedarf der Bürger verloren.

"Kuriose Vorgangsweise" im Verfahrensablauf

Die FPÖ ärgerte sich ebenfalls über die Auftragsvergabe bzw. über das Volumen und die Laufzeit. Dietbert Kowarik ortete eine "kuriose Vorgangsweise" im Verfahrensablauf: "Dass es nur einen Bieter gab - so ein Zufall." Dieser Umstand habe keineswegs dazu beigetragen, Zweifel an den Abläufen, über welche die Opposition nicht ausreichend informiert worden sei, auszuräumen. Die Blauen forderten - wie die Schwarzen - eine Neuausschreibung. Außerdem kritisierte er die Grünen, die wieder einmal umgefallen seien.

Tatsächlich hatten die noch oppositionellen Grünen 2005, als Bohmann in Sachen Stadtkommunikation ebenfalls mit einem mehr als 100 Mio. Euro-Vertrag zum Zug gekommen war, den entsprechenden Deal massiv kritisiert. Der Verdacht erhärte sich, dass die Ausschreibung auf den späteren Sieger zugeschnitten gewesen sei, hieß es damals.

Novak:  "Höchstmöglich transparent"

Heute verteidigte Klubchef David Ellensohn das Vorgehen. Laufzeit sowie Volumen des Auftrags seien zum Zeitpunkt des Ausschreibungsbeschlusses, der Anfang des Jahres einstimmig im Ausschuss gefallen sei, bereits bekannt gewesen. Keiner habe sich damals beschwert, was ihn durchaus überrascht habe. Zehn Interessenten hätten sich die Unterlagen besorgt, alle außer Bohmann hätten aber offenbar befunden, die geforderten Leistungen zu einem niedrigeren Preis nicht erbringen zu können.

SPÖ-Abgeordnete Barbara Novak betonte, dass alles "höchstmöglich transparent" über die Bühne gegangen sei. Man habe die soziale Verantwortung, vor allem die ältere, nicht Smartphone-affine Generation mittels Printprodukten zu informieren, was eben Geld koste. Von "politischer Propaganda" seien derlei Erzeugnisse aber weit entfernt. Und die erwähnten jährlichen 100 Mio. Euro an Marketingausgaben machten nicht einmal ein Prozent des Stadtbudgets aus. Einer Neuausschreibung erteilte Novak eine Absage. Denn dies würde zu keinem anderen Ergebnis führen als das vorliegende. (APA, 20.11.2013)