Wien - Wenn Menschen die Diagnose Krebs erhalten, stellen sich viele die Frage nach dem "Warum". Solche existenziellen Fragen und Themen können in einer körperlichen Therapie aber nicht zufriedenstellend erörtert werden. Deshalb sollten Patienten auch psychologische Unterstützung erhalten, sagten Mediziner am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien.

Speziell in der gynäkologischen Onkologie ist eine Krebsdiagnose noch schwieriger zu verarbeiten, da die Geschlechts-, Sexual- und Fortpflanzungsorgane der Frauen betroffen sind. So muss die krebskranke Patientin nicht nur tiefe Einschnitte in ihr Leben verkraften, auch werden durch die Erkrankung ihr Körperbild, ihre Attraktivität, ein vielleicht noch nicht erfüllter Kinderwunsch und  ihr soziales Umfeld beeinflusst.

"Bei einer psychosomatisch orientierten Behandlung gehe es um die konkrete Frau mit ihrer individuellen Geschichte", betont Barbara Maier, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe, die am 22. und 23. November im Wiener Billrothhaus einen Kongress zum Thema "Krebs hat viele Gesichter" veranstaltet.

Wut und Trauer zulassen

"Warum ich?", "Warum jetzt?", "Werde ich überleben?", "Was habe ich falsch gemacht?", sind jene Fragen, die die Wiener Gynäkologin Silvia Artner am häufigsten zu hören bekommt. Deshalb sei es so wichtig, einen individualisierten Therapieplan für die Betroffenen zu erstellen. "Es ist zu fordern, während des gesamten Prozesses psychoonkologische Betreuung für die Patienten und ihre Anhörigen bereitzustellen", so die Expertin.

"Die Situation nach der Diagnose sei von Angst, Unsicherheit, Scham- und Schuldgefühlen sowie Wut und Trauer geprägt", sagt die Fachärztin für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapeutischer Medizin, Marianne Springer-Kremser. "Es ist schwierig, in so einer Situation ein aufklärendes Gespräch zu führen", ist auch Maier überzeugt. "Die Frauen haben Angst verstümmelt zu werden, haben Angst vor Schmerzen und haben vor allem Angst an Krebs zu sterben", so Springer-Kremser.

Doch Wut und Trauer müsse man zulassen. Die Medizinerin: "Es ist völlig normal, dass man nach einer solchen Diagnose verzweifelt ist." (APA/red, derStandard.at, 20.11.2013)