Lebensmittel dumpstern, WG-Zimmer teilen oder drei Jobs neben dem Studium - studentische Armut hat viele Gesichter.

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Wien - 334 Euro müssen reichen. Mehr hat Physikstudent Thomas Zauner im Monat nicht zur Verfügung. Sein Einkommen besteht aus Familienbeihilfe und Taschengeld. Was sich so nicht ausgeht, muss er mit dem Ersparten zahlen - oder darauf verzichten.

Lebensmittel dumpstern, WG-Zimmer teilen oder drei Jobs neben dem Studium - studentische Armut hat viele Gesichter, die oft dem sehr ähnlich sind, was man als einen typischen studentischen Lebensstil ansehen könnte. Um zwischen Lebensstil und Armutsgefährdung unterscheiden zu können, fordert der Vorsitzende der Hochschülerschaft Florian Kraushofer (FLÖ) eine gezielte Armutsforschung in Sachen Studierenden, bisher ist dazu wenig bekannt.

Wichtiger als der Umstand, dass sich Wissenschafter der studentischen Armut annehmen, ist ihm aber, dass die Regierung Maßnahmen setzt - etwa durch eine Inflationsanpassung der Familien- und Studienbeihilfe: "Die Studienbeihilfe besteht aus einem Grundbetrag, der seit Jahren nicht an die Inflation angepasst wurde, davon wird das eigene Gehalt und das der Eltern abgezogen", sagt Kraushofer.

Diese ÖH-Forderung wurde in den Regierungsverhandlungen aber bereits abgelehnt. Dass sich die soziale Lage der Studierenden in nächster Zeit verbessert, ist daher kaum anzunehmen.

Zauner erhält keine staatliche Hilfe, seine Eltern verdienen genug, um ihn zu unterstützen. Gesetzlich stehen allein lebenden Studierenden 22 Prozent des Nettoeinkommens der Eltern zu. "Oft kommen die Eltern dem aber nicht nach", sagt Kraushofer. Vielfach herrsche Unklarheit über die Ansprüche - auch verklagt kaum jemand die eigenen Eltern. Dabei ist neben Beihilfen und Erwerbstätigkeit die elterliche Unterstützung zentral für viele Studierende.

Zauner ist keine Ausnahme: Erst kürzlich veröffentlichte die ÖH eine Studie bezüglich der finanziellen Lage von Studierenden. Von 5000 Befragten gaben elf Prozent an, ihre Wohnung im Winter nicht heizen zu können. 44 Prozent können keine unerwarteten Ausgaben tätigen und jeder Fünfte kann sich kein Semesterticket leisten.

Zwei Seiten der Armut

Dabei gibt es Risikogruppen: Am stärksten in finanzieller Not sind Drittstaatsangehörige: "Studierende, die nicht aus EWR-Ländern kommen, müssen doppelte Studiengebühren zahlen - dadurch sind sie deutlich stärker belastet", sagt Kraushofer.

Angelika Grabher ist eine der wenigen, die über studentische Armut in Österreich geforscht hat. In ihrer Diplomarbeit von 2012 fand die Mitarbeiterin am Institut für Höhere Studien heraus, dass studentische Arbeit sich oft von zwei Seiten zeigt: "Viele entkommen der Armut durch Erwerbstätigkeit." Das Studium bliebe dann aber auf der Strecke, was wiederum zu "Studienarmut" führe. "Dafür kann man mehr als Nudeln essen" , sagt Grabher. Die öffentliche Darstellung des Themas spiele eine große Rolle: "Die Stimmung ist, dass Studierende auf hohem Niveau jammern, als Akademiker verdienen sie später gut."

Finanziell definierte Armutsgrenzen lassen sich auf Studierende schwer anwenden. Sie beziehen sich auf Einzelhaushalte, die meisten Studierenden leben aber in WGs oder bei den Eltern. Die Armutsgefährdungsgrenze liegt in Österreich bei 1066 Euro. Nicht nur für den 20-jährigen Zauner ist das weit entfernt: Durchschnittlich haben Studenten 870 Euro im Monat zur Verfügung. "Mit finanziellen Indikatoren wären bis zu 60 Prozent der Studierenden arm", sagt Grabher, doch nicht alle würden sich tatsächlich als arm bezeichnen. In der Studie der ÖH gaben immerhin 43 Prozent an, unter gar keinen finanziellen Schwierigkeiten zu leiden. (Lara Hagen, Oona Kroisleitner, Florian Schlederer, DER STANDARD, 21.11.2013)