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Der russische Fotograf Denis Sinjakow nach seiner Freilassung.

Foto: REUTERS/Alexander Demianchuk

Moskau - Am Ende wurde es zur Routine: Im Schnelldurchlauf fertigten die Petersburger Richter am Donnerstag die Greenpeace-Aktivisten ab. Innerhalb von drei Stunden hatten sie die sechs Kautionsanträge der seit zwei Monaten in russischer U-Haft schmorenden Ökologen bewilligt, deutlich schneller als in den Vortagen, wo sich die Verhandlungen oft quälend lang bis in die Abendstunden hinzogen.

Die Tendenz ist eindeutig: Nur am ersten Tag schlugen sich die Richter auf die Seite der Ermittlungsbehörde und gaben deren Antrag nach einer U-Haftverlängerung für den Australier Colin Russell nach. Anschließend folgten 26 Entlassungen auf Kaution, wobei selbst der Staatsanwalt die Anträge der Verteidigung unterstützte. Drei Verfahren stehen noch aus, aber eine Kaution scheint auch in diesen Fällen sicher.

"Wir haben keine Ahnung, wo der Unterschied zwischen Colin und den anderen besteht", sagte die Greenpeace-Sprecherin Polina Malyschewa. Tatsächlich spielte der Australier als Funker auf der Arctic Sunrise keine herausgehobene Rolle und war beim Versuch, die Gasprom-Bohrinsel zu erklettern, nicht dabei.

Kommando zurück

Beobachter vermuten daher einen Umschwung auf der anderen Seite. Der Sinneswandel der Richter sei wohl auf Anweisungen von oben zurückzuführen, vermutet die Anwältin Marina Andrejewa, Mitglied der russischen Bürgerkammer. Als Erklärung für die weichere Linie, die der Kreml nun fährt, bieten sich gleich mehrere Möglichkeiten an: Zum einen stehen die Olympischen Winterspiele in Sotschi unmittelbar bevor, ein internationaler Skandal kommt da ungelegen. Zum anderen könnte der Skandal die russischen Arktis-Interessen stärker schädigen als der Greenpeace-Protest selbst.

Eine Verfahrenseinstellung ist fraglich, käme sie doch einem Gesichtsverlust der Behörden gleich. Dagegen spricht auch, dass das Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise laut Gerichtsbeschluss weiterhin in Murmansk an der Kette liegen muss. Als Kompromiss deutet sich dagegen eine Bewährungs- oder eine Geldstrafe gegen die Aktivisten wegen groben Unfugs an. Damit könnten wahrscheinlich sowohl Moskau als auch Greenpeace leben. (ab, DER STANDARD, 22.11.2013)