Wien - Der PR-Ethikrat stößt "an die Grenze der Möglichkeiten" für seine bisher ehrenamtliche Tätigkeit: 34 von 79 Fällen in fünf Jahren langten laut Vize-Vorsitzender Renate Skoff seit Juni 2012 ein. Vor allem wegen mangelnder Ressourcen seien zehn davon noch unerledigt, sagte Skoff Freitag bei der Jahresbilanz des Gremiums. Vorsitzender Wolfgang R. Langenbucher fordert deshalb öffentliche Unterstützung wie jene für Presserat und Werberat.

"Es geht nicht an, dass innerhalb der Kommunikationsbranche mit zweierlei Maß gemessen wird", sagt Langenbucher, "nach öffentlich bekannt gewordenen Skandalen wird allerorts nach strengeren Regeln und einem Selbstkontrollorgan gerufen. Wenn es aber um die Umsetzung und vor allem um die Finanzierung dieser Arbeit geht, stiehlt sich die gesetzliche Interessenvertretung aus der Verantwortung." Die Beschäftigung mit ethischen Fragen dürfe aber nicht nur Aufgabe der freiwilligen Standesvertretungen sein.

Rüge für "Krone bunt"

Wichtigstes Thema des PR-Ethikrates bleibt (vermutete) Schleichwerbung, die unerlaubte "Verquickung von Redaktion und Anzeigen. Freitag veröffentlicht der Presserat eine weitere Rüge über die "Krone bunt" wegen Irreführung der Leser und Verletzung des Grundsatzes der Trennung von Werbung und Redaktion.

So wird die Sängerin Rihanna in einem redaktionellen Beitrag der Ausgabe vom 28. Oktober 2012 zitiert, wonach sie auf Kokoswasser "aus noch unreifen grünen Kokosnüssen“ schwöre, ein "isotonisches Trend-Getränk“, das den "Frische-Kick“ ermöglicht. Rechts neben dem Artikel findet sich eine Anzeige der Firma Rauch, die ihr neues Kokoswasser-Getränk "Coco Water“ anpreist. "Krone bunt"-Chefredakteur Christoph Dichand wurde vom PR-Ethikrat um eine Stellungnahme zur Beschwerde ersucht wurde, bis  dato liege keine Antwort vor.

Auch Fälle zu schwerwiegenden Themen wie gekaufte Gutachten und Dirty Campaigning haben den PR-Ethik-Rat beschäftigt. "Hier sehen wir uns leider oft mit der Problematik konfrontiert, dass wir Causen trotz eindeutig schiefer Optik fallenlassen müssen, weil uns die Beweise fehlen, sagt Skoff.

Ethik in Social Media

Der PR-Ethikrat will sich verstärkt auch Ethik in Social Media widmen. Auch dafür verlangt der Rat öffentliche Unterstützung. "Soziale Medien führen zu Machtverschiebungen in der öffentlichen Kommunikation“, sagt Axel Maireder, Social Media-Experte am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Wien und Mitglied im PR-Ethik-Rat, "die Kommunikationshoheit verlagert sich immer stärker von Unternehmen und Organisationen zu Kunden."

Der Fall einer Facebook-Userin, die im Zentrum einer beleidigenden Diskussion stand, war für den Ethik-Rat ausschlaggebend, sich auf übergeordneter Ebene mit Ethik in Social Media auseinanderzusetzen. So wurden Prinzipien entwickelt, die als Grundlage für Entscheidungsprozesse zu ethischen Fragen und Problemstellungen dienen können. Acht Begriffe - Fairness, Respekt, Verantwortlichkeit, Moderation, Klarheit, Transparenz, Höflichkeit und Privatsphäre - stehen hier im Zentrum. (red, derStandard.at, 22.11.2013)