Traurig, aber wahr: Leider werden im Windschatten des Budget-Klein-Kleins und des Lehrdienstrecht-Hickhacks immer wieder wichtige Meldungen unterbelichtet. Etwa diese: Laut einem Bericht der Zeitschrift Le Canard Enchainé hat die französische Hotelkette Beaumarly von George und Thierry Costes intern die Order an das Servierpersonal ausgegeben, die Kundschaft in ihren Lokalen so zu platzieren, dass "schöne Gäste" an möglichst sichtbarer und "unschöne Gäste" an möglichst entlegener Stelle zu sitzen kommen.

In den französischen Medien hat diese Meldung einigen Wirbel verursacht. So zitierte etwa der Nouvel Observateur eine Lokalbesucherin, die direkt neben den Kloeingang gesetzt worden war, mit den Worten: "Wir waren zu fett für die Terrasse."

Selbstverständlich würde sich die Beaumarly'sche Art der Gästepräsentation auch für die Wiener Gastronomie empfehlen. Wem wäre es nicht schon passiert, dass ihm ein Stück Sachertorte oder ein Schluck Melange in der Kehle steckengeblieben ist, weil unvermutet ein unschöner Gast das Kaffeehaus betrat? Und wer kann schon seinen Tafelspitz unbeschwert genießen, wenn er ihn nicht nur mit Semmelkren, sondern mit einem ungepflegten Ungustl am Nebentisch serviert bekommt?

Hier könnten speziell auf ein professionelles Hässlichkeitsmanagement geschulte Ober und Kellnerinnen wahre Wunder wirken, indem sie appetitsenkende Schiachperchten umgehend hinter Säulen, in Kellerräume oder Alkoven entsorgen. Sehr gut wäre ein Punktesystem, mit dem die Gäste nach Schiach- und Schönheitsattributen beurteilt und den entsprechenden Plätzen zugeteilt werden können (frisch onduliertes Blondhaar: fünf Pluspunkte; pickelübersäter Specknacken: acht Punkte Abzug usf.).

Zudem steht ja auch nirgendwo geschrieben, dass sich die Enthässlichung der Stadt nur auf Kaffeehäuser beschränken muss. Sinnvoll wäre auch eine neue Beförderungsrichtlinie für den öffentlichen Verkehr: Garstige Fahrgäste haben gefälligst im Wageninneren Platz zu nehmen, während die Fensterplätze ausschließlich ansehnlichen Personen vorbehalten sind.

Wie kommt man schließlich als argloser Passant dazu, sich durch den Anblick unrasierter Speckköpfe, widerlicher Watschengesichter oder glubschäugiger Mostschädel molestieren lassen zu müssen? (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 23./24.11.2013)