Anfütterungsverbot und Antikorruptionsgesetz müssen den Wiener Rathausbeamten und insbesondere den nachgelagerten Dienststellen ordentlich in die Knochen gefahren sein. Jedenfalls nehmen bisher als privatwirtschaftlich geführte Fonds der Stadt wie die Wirtschaftsagentur Wien ihre neue Rolle als Amtsträger neuerdings sehr ernst.

Zumindest auf dem Papier. Denn deren Geschäftsführer Gerhard Hirczi hat die im Antikorruptionsgesetz fixierten Wohlverhaltensregeln nicht nur den Mitarbeitern der Wirtschaftsagentur Wien samt Tochteragenturen ans Herz gelegt, sondern auch gleich ihren Geschäftspartnern.

Letztere bekamen Anfang November Vorweihnachtspost vom Rathausmann, der zuvor bei Siemens als Generalsekretär und dann Personalchef werkte und noch früher bei Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ). Man nehme die Vorfreude auf Weihnachten zum Anlass und ersuche höflich, von "allfälligen Weihnachtsgeschenken"  an Mitarbeiter der Wirtschaftsagentur Wien-Gruppe Abstand zu nehmen – "mögen es auch nur geringwertige Zuwendungen sein" , heißt es in Hirczis Schreiben. Die solcherart vor Anfütterung Bewahrten – allfällige Zuwendungen sind gemäß Geschenkablehnungsschreiben ausnahmslos zu retournieren – reagierten gekränkt bis empört. Sie sehen sich seitens ihrer Geschäftsführung unter Generalverdacht, "sich mit Keksen, Wein und Kerzelein korrumpieren zu lassen" .

"Das ist keineswegs ein Generalverdacht" , versicherte Agentursprecherin Uschi Kainz dem Standard. Die Wirtschaftsagentur-Wien-Gruppe sei Amtsträger und lege Wert auf sehr strenge Compliance-Regeln. Mit dem Brief wolle man es den Kunden ersparen, dass Aufmerksamkeiten zurückgeschickt werden müssten. (ung, DER STANDARD, 23.11.2013)