Kiew/Moskau - Das geplatzte Assoziierungsabkommen mit der EU wird zur Zerreißprobe in der Ukraine. Vor allem im Westen des Landes gibt es Proteste gegen den Rückzug der Regierung. Oppositionsführer, auch die inhaftierte Julia Timoschenko, riefen für Sonntag zu einer Großdemo auf. Timoschenko zeigte sich bereit, im Gegenzug für den Abschluss eines wichtigen EU-Vertrages auf medizinische Behandlung in Deutschland zu verzichten.

Premier Nikolai Asarow musste sich im Parlament für die Kehrtwende rechtfertigen. Der Auftritt ging im Geschrei und Gepfeife der Oppositionsparteien unter und musste vorzeitig abgebrochen werden, nachdem einige Abgeordnete begannen, die Tribüne mit Aktenordnern zu bewerfen.

Während seiner Rede betonte Asarow, dass der Verzicht auf die Unterzeichnung lediglich ein taktisches Manöver sei, der Kurs auf die Integration nach Europa werde beibehalten, versprach er. Präsident Viktor Janukowitsch will trotzdem nach Vilnius reisen.

Asarow nannte wirtschaftliche Gründe für die Pause und klagte dabei über starken Druck aus Moskau. Man habe gedroht, die Zollunion dichtzumachen. Dadurch drohten Kiew Einbußen von 160 Milliarden Dollar. "Wer kompensiert uns diese riesigen Verluste?", fragte Asarow. Die EU habe darauf keine befriedigende Antwort geben können, klagte er. (André Ballin, DER STANDARD, 23.11.2013)