Im sommerlichen Spargelstechen weiß immerhin die Volkspartei, was sie will: einen Herbert Haupt, der das klapprige Regierungsgebäude noch eine Weile zusammenhält. So gesehen ist der FPÖ-Obmann das Herzstück dieser Regierung. Mag er sich noch so sehr als Wahrer der Interessen des "kleinen Mannes" ausgeben - ohne ihn wäre die Umgestaltung Österreichs im Sinne Wolfgang Schüssels nicht möglich, denn letztlich sagt er doch zu allem Jein und Amen. Dementsprechend groß ist die Besorgnis, mit der der Partner jede Rhythmusstörung bei den Blauen verfolgt. Aber erst gestern hat sich Haupt in der Frage einer Vorziehung der Steuerreform mit dem Slogan "Keine Drecksarbeit für Rot-Grün" wieder bestens bewährt.

Dass es wie bei diesem Thema auch bei anderen Gegenständen in der FPÖ immer wieder zu Streit kommt, sorgt für Verwirrung. Vor allem bei SPÖ-Politikern, die darin eine Chance erkennen wollen, für deren Realisierung man selber nichts tun muss. Das ist keine Schande, wenn sogar der Philosoph Rudolf Burger Sonntag im Kurier die Klarheit, mit der er Schwarz-Blau begrüßt hat, bei der Farbkombination Rot-Blau ein wenig vermissen ließ. "Ich empfinde die Annäherung" - zwischen SPÖ und FPÖ - "als skurril, denkt man an die jahrzehntelange Dämonisierung Haiders durch die SPÖ." Was ihn nicht daran hinderte, zwei Sätze weiter zu künden: "Die FPÖ ist der natürliche Koalitionspartner der SPÖ."

Eine Begründung hat er für diese skurrile Verquickung von Natur und Ungeist auch parat. "Zwischen diesen Parteien hat lange Zeit der Wähleraustausch stattgefunden, beide sprechen proletarische Wählerschichten an, beide sind unbürgerliche Parteien." Träfe das zu, wäre die sofortige Fusion eigentlich viel natürlicher als eine Koalition, aber dafür hat sich bisher weder Karl Schlögl noch Jörg Haider ausgesprochen, denen es diesbezüglich an Sinn für das fast schon Übernatürliche nicht mangelt.

Das ist natürlich schade, denn die "Nationalsozialdemokratische Naturpartei" hätte einen Charme, dem selbst so mancher Grüne vielleicht nicht widerstehen könnte. Aber leider tendieren Parteien, die mit unterschiedlichen Zielen dieselben Wählerschichten gewinnen wollen, gewöhnlich dazu, sich besonders scharf voneinander abzugrenzen, um aus demselben Topf möglichst viel für sich herausholen. Ungeachtet gelegentlicher taktischer Windungen - wenn es darauf ankam, war Jörg Haider immer ein schärferer Gegner der SPÖ als der ÖVP. Er hat schließlich Schüssel gemacht.

Und dass SPÖ und FPÖ "unbürgerliche Parteien" sein sollen, kann nur ein skurriler Scherz sein, der sich auf Realien aus den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts gründet. Prinzhorn und Haider als Vorhut des Proletariats werden vielleicht gelacht haben, aber der SPÖ nach so langen Jahren einschlägigen Bemühens die Verbürgerlichung abzusprechen, ist eines Philosophen unwürdig.

Es ist also keine Schande, wenn SP-Politiker fast täglich mitteilen, wie gern sie mit der FPÖ zusammenarbeiten wollten, wüssten sie nur, wie weit. Denn mit deren Grundsätzen wolle man eigentlich nichts zu tun haben, Koalition komme auch nicht infrage, und Vertrauen in diese Partei habe man schon gar nicht.

Es ist keine Schande, aber lästig, sinnlos und als Taktik, Schwarz-Blau zu destabilisieren oder die FPÖ als Wackelpudding zu entlarven, weit weniger raffiniert, als manche glauben. Die FPÖ ist entlarvt genug, und der Glaube, Haider warte auf die SPÖ, um sich gegen Haupt ausspielen zu lassen, ist naiv. Ihn auszuleben, heißt nur, die FPÖ medial zu fördern und ihr eine größere Bedeutung zu verleihen, als einer Krücke der ÖVP zukommt.

(DER STANDARD, Printausgabe, 6.8.2003)