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In Belgien stehen die Dinge anders als in Österreich: hier können sich homosexuelle Paare trauen lassen.

Foto: REUTERS/Yves Herman
"Es ist sachlich gerechtfertigt, dass die Rechtsinstitution Ehe heterosexuellen Paaren vorbehalten bleiben soll", betont Reinhard Lopatka, ÖVP-Generalsekretär. Er verteidigt den rechtlichen Unterschied zwischen Ehepaaren und lesbischen oder schwulen Lebensgemeinschaften, "weil man für jene, die Kinder haben, Sonderregelungen und Unterstützung braucht". Zumal es "für immer weniger Paare attraktiv ist, Kinder zu haben."

In diesem Sinne, so der Katholik Lopatka, finde sich die Stellungnahme der ÖVP zur umstrittenen Aussendung des Vatikans über homosexuelle Paare "in der geltenden Gesetzgebung wieder." Keine gefängnisträchtige Diskriminierung mehr: "Der Strafrechtsparagraf 209 (Anm.: der bis Juni 2002 Beziehungen erwachsener Männer mit 14- bis 18- jährigen Burschen unter Strafe gestellt hat) ist aufgehoben worden." Darüber hinaus bloß punktuelle Diskussionen: "In Sachen Miet- und Erbrecht liegen Anträge zur Gleichstellung im Justizausschuss, die behandelt werden müssen."

Auch die vatikanische Glaubenskongregation (siehe Wissen) beruft sich in ihrem 14- Seiten-Dokument auf den "Fortbestand der Generationen". Dieser sei nur durch "Ehe und Familie garantiert", zumal "die Ehe heilig ist, während homosexuelle Beziehungen gegen das natürliche Sittengesetz verstoßen".

In diesem Sinne appelliert die Glaubenskongregation an "katholische Politiker", Gesetzesinitiativen zur Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften "von Anfang an abzulehnen oder sich zumindest um eine Schadensbegrenzung zu bemühen": Für die ÖVP-Nationalratsabgeordnete Getrude Brinek Anlass zu Kritik. Die Kirchenleitung kümmere sich nicht um eigentliche Fragen der Menschheit, sondern um "Aufregerthemen".

Brinek tritt für "eine bestimmte Form der Anerkennung homosexueller Gemeinschaften" ein: "Das ist eine Frage der Fürsorge, des Füreinander-da-Seins und des Sicherheit-Darstellens." Es sei "durchaus gesellschaftsfähig", das Recht als Abbild der moralischen Vorstellungen in kleinen Schritten zu adaptieren.

Vergleichsweise in Siebenmeilenstiefeln geht die Gleichstellung homosexueller Paare in anderen europäischen Staaten voran (siehe unten). Doch FPÖ-Familiensprecherin Barbara Rosenkranz lässt das kalt. Weil "Beziehungen, die jemand in sexueller Art und Weise hat, dessen Privatsache sind". Und es deshalb "erst recht" notwendig sei, "korrigierende Auffassungen" zu vertreten. Rosenkranz sieht sich selbst nicht als katholische Politikerin.

"Rückzugsgefecht"

Als Katholik, "aber nicht als ein solcher Politiker", schätzt sich SP-Chef Alfred Gusenbauer ein. Er verwehrt sich gegen "Versuche des Vatikans, den zivilen Gesetzgeber zu beeinflussen". Die Erklärung wertet er als Zeichen eines "Rückzugsgefechts". Damit teilt er die Meinung der Lesben- und Schwulenorganisationen, die – wie etwa die Homosexuelleninitiative (Hosi) Wien – von einem "Rückfall ins tiefste Mittelalter" sprechen. Gusenbauer tritt, wie die SPÖ insgesamt, für eingetragene Lebensgemeinschaften für Lesben und Schwule auch in Österreich ein. Dem "Angelpunkt Fortpflanzungsfähigkeit" billigt er in diesem Zusammenhang wenig Brisanz zu: "Auch viele Ehen werden bekanntlich ohne diese Absicht geschlossen."(DER STANDARD, Printausgabe, 7.8.2003)