"Nur Kosmetik"
Für Georg Vetter, prominenter Wiener Aktionärsanwalt und Kapitalmarktexperte, bleiben diese international längst üblichen Standards in Österreich ohnedies "nur Kosmetik". Vetter: "Der Fisch stinkt vom Kopf." Das Problem des heimischen Kapitalmarktes und damit des Umgangs der Unternehmen mit ihren Aktionären sei das Aktienrecht selbst, sagt er. Denn das aus 1937 datierende Werk beinhalte eine "gesetzliche Verachtung des Aktionärs". Damit werde ein Aktionär als jemand definiert, dessen Geld zwar erwünscht sei, der aber keine Mitspracherechte ausüben solle, kritisiert Vetter im Gespräch mit dem Standard.
Angst und Auskunft
Deutlich erkennbar sei dies im § 112, der der Gesellschaft die Verweigerung des Auskunftsrechtes gegenüber Aktionären "wegen übergeordneter Interessen" einräumt. Die Aktionäre könnten dann zwar den Aufsichtsrat damit beschäftigen, dieser stehe aber meist geschlossen hinter dem Vorstand. Vetter: "Die Angst vor Offenlegung steht bei uns hoch über dem Motto der Transparenz."
Auch Gewinnverteilungsbeschlüsse in Hauptversammlungen seien in Österreich immer wieder problematisch: Erhalten Aktionäre zu wenig Auskunft über die Bilanz, können sie nur eine Anfechtungsklage einbringen. Der Streitwert solcher Klagen ist meist besonders hoch, die Prozesskosten müssen vorfinanziert werden, das Prozessrisiko ist kaum abzuschätzen, die Verfahren dauern oft Jahre.
Ausstehende Reformen
Weiters seien die Anteilsgrenzen mit fünf beziehungsweise zehn Prozent am Grundkapital, ab denen eine Sonderprüfung oder ein Schadenersatz verlangt werden kann, "prohibitiv hoch". Vetter: "Welcher Private kommt etwa bei der BA-CA auf diese Werte?" Deutschland habe diese Passagen des Aktienrechts aus 1937 brauchbar reformiert. In Österreich werde darüber seit Jahrzehnten lediglich diskutiert.