Da soll noch einer sagen, die Regierung tue nichts für den Anlegerschutz. Wenn es nach dem Willen des Finanzministers geht, sollen bereits im Spätherbst deutlich strengere Regeln zum Anlegerschutz dienen. Mit einer Verordnung, die kürzlich vorgestellt wurde, sollen private Investoren künftig besser vor Manipulationen von Kursen und Marktpreisen geschützt werden.

Manipulationspraktiken

Damit werden allen Marktteilnehmern Leitlinien bekannt gegeben, die deutlich machen, welche Handlungen oder Unterlassungen als unzulässige Manipulationen einzustufen sind - und welche nicht. Gemäß diesem Entwurf sollen ausdrücklich alle Praktiken verboten werden, die dem Anleger eine nicht bestehende Tatsache als existent darzustellen versuchen. Dies könne etwa der Fall sein, wenn fälschlich behauptet wird, ein Großauftrag sei vereinbart worden. Aber auch das Verschweigen einer Tatsache, die den Kurs etwa negativ beeinflussen könnte, soll bestraft werden.

Als Täuschungshandlung werden künftig auch häufig auftretende Manipulationspraktiken geahndet. Hierunter fallen etwa Kursbeeinflussungen durch fiktive Geschäfte oder aber Geschäfte, mit denen interne Positionen umgeschichtet werden ("wahsales"). Untersagt sind auch abgesprochene Transaktionen, bei denen bereits feststeht, dass Gegenaufträge erteilt werden. Gleiches gilt für Geschäfte, bei denen sich mehrere Käufer mit der Absicht zusammenschließen, den Kurs eines Wertes in die Höhe zu treiben oder ihn zu (de-)stabilieren.

Marktgerüchte im Visier

Die Verordnung richtet sich ferner gegen Versuche, durch Transaktionen die Schlussnotierung eines Vermögenswertes oder den Abrechnungskurs von Derivatkontrakten zu beeinflussen ("marking the close"). Geahndet werden soll zudem das Ausstreuen und Verbreiten von Marktgerüchten, wenn damit der Vorsatz verbunden ist, durch falsche Gerüchte den Kurs zu beeinflussen. Das bloße Weitersagen von Gerüchten ohne die genannten Vorsätze soll indes nicht strafbar sein.

Das Regelwerk umfasst aber auch ausdrücklich erlaubte Handlungen zur Pflege von Aktienkursen. Darunter fallen etwa Stabilisierungsmaßnahmen im Zuge von Wertpapier- emissionen. Auch Mehrzuteiloptionen und Green-Shoe-Vereinbarungen werden als zulässig gewertet. Ebenfalls erlaubt bleiben soll der schon bisher häufig praktizierte Erwerb eigener Aktien. Die meisten Punkte dieser Vereinbarung decken sich übrigens mit Forderungen, die vom Interessenverband für Anleger (IVA) schon seit langem vorgeschlagen werden.

Leider nicht hier

Der Ordnung halber muss zum Abschluss aber noch mit Wehmut erwähnt werden, dass der zitierte Entwurf leider nicht von unserem angeblich so liberalen Finanzminister Karl-Heinz Grasser stammt, sondern von seinem deutschen Kollegen, dem Sozialdemokraten Hans Eichel. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 8.8.2003)