Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Archiv
Wien/Helsinki - Tabak ist vor allem schädlich, wenn er "raucht". Diese Woche (4. bis 8. August) fand in Helsinki die "12. Welt-Konferenz über Tabak oder Gesundheit" statt. Im Rahmen seines Vortrags wies Prof. Michael Kunze, Vorstand des Instituts für Sozialmedizin der Universität Wien, auf die paradoxe EU-Gesetzgebung im Zusammenhang mit rauchfreien Tabakprodukten hin.

Die Sterberaten bei Lungenkrebs seien unter schwedischen Männern nur rund halb so hoch wie in anderen Staaten Europas: ein Umstand, der vor allem darauf zurückgeführt wird, dass in Schweden rauchfreie Tabakprodukte konsumiert werden, die in den übrigen EU-Staaten verboten sind. Am Donnerstag präsentierte der schwedische "Anti-Rauch-Papst" Prof. Karl-Olov Fagerström, Vorstand des "Smokers Information Centre" in Helsingborg (Schweden), weitere Daten und Forschungsergebnisse zum "schwedischen Modell" des Nikotinkonsums.

Alternativen

In vielen Ländern gibt es derzeit starke Bemühungen, den Tabakkonsum einzuschränken. Jeder zweite Zigarettenraucher stirbt an den Folgen dieses Tabakkonsums, zumeist an Lungenkrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei dem Kongress diskutierten rund 2.000 Experten aus 115 Ländern die Problematik.

Seit einiger Zeit werden jedenfalls unter Experten Alternativen diskutiert, um Rauchern risikolosere Möglichkeiten zu bieten, Nikotin zu konsumieren und so vom Qualm wegzukommen, hieß es am Freitag in einer Aussendung des österreichischen Nikotininstituts. Denn die Gefahr für den Raucher liegt nicht im Nikotin selbst, das zwar suchterzeugend, aber sonst weitgehend ungefährlich und nicht Krebs erregend ist, sondern in der Vielzahl an Krebs erregenden Substanzen, die durch das Verbrennen des Tabaks entstehen.

Die Situation in Schweden

In seinem Vortrag wies Kunze auf die spezielle Situation in Schweden hin: Männliche Schweden haben im EU-Vergleich bei weitem das geringste Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken: Es ist etwas halb so groß wie im EU-Durchschnitt. Der Grund dafür liegt laut Kunze vor allem darin, dass rund die Hälfte des in Schweden konsumierten Tabaks nicht geraucht, sondern in Form eines oralen Tabakproduktes ("Snus") konsumiert wird.

21,3 Prozent der männlichen Schweden konsumieren Snus. Das sind selbstgerollte Bällchen aus Tabak oder auch - als hygienischere Variante - kleine tabakgefüllte Säckchen, die hinter die Oberlippe geklemmt werden, wo sie ihre Wirkung ca. eine Viertelstunde lang entfalten. Nur 18,1 Prozent der Männer rauchen Zigaretten. Schwedische Frauen haben hingegen annähernd die gleichen Rauchgewohnheiten wie in anderen EU-Staaten und daher auch eine ähnliche Gefahr, an Lungenkrebs zu erkranken. Die Krebsrate schwedischer Frauen liegt sogar etwas über dem EU-Durchschnitt.

Das Falsche verboten

Die Verbreitung von Snus ist jedoch außerhalb Schwedens durch das geltende EU-Recht untersagt. Dies geht auf eine Richtlinie aus dem Jahr 1992 zurück, als Schweden noch nicht EU-Mitglied war. Schweden trat im Jahr 1995 der EU bei und erwirkte eine Ausnahmeregelung, die den Vertrieb von Snus gestattet. Laut Kunze sollte man dieses Verbot überdenken.

Fagerström konnte bei der Konferenz wissenschaftlich belegen, dass es vielen schwedischen Rauchern mit Hilfe von Snus gelingt, von ihrer Zigarettensucht loszukommen. Das ist bei 33 Prozent der Personen, die sich das Rauchen abgewöhnten, der Fall. Nur 17 Prozent benutzten andere Nikotin-Ersatzprodukte, 50 Prozent stoppten den Zigarettenkonsum ohne diese Hilfen. Fagerströms zentrale Erkenntnisse:

- Gerauchter Tabak ist in jedem Fall schädlicher als rauchfrei konsumierter Tabak. - Schwedischer Snus scheint risikoloser zu sein als viele andere rauchfreie Tabakprodukte. - Nur ein geringer Prozentsatz der Personen, die Snus konsumieren, steigen später auf das Zigarettenrauchen um. (APA/red)