Streitthema bei den Regierungsverhandlungen sind Frauenpensionsantrittsalter und Lehrer.

Karrikatur: Oliver Schopf

Wien - Arbeiten sie noch - oder feiern sie schon ihren Koalitionspakt? Bis Freitag waren die acht Arbeitsgruppen und deren Untergruppen dazu angehalten, ihre Vorschläge von A wie Außenpolitik bis Z wie Zukunft den Chefkoordinatoren rund um SPÖ-Chef Werner Faymann und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger zu übermitteln. Nun prüfen die beiden Kernteams, welche Maßnahmen, die die Arbeitsgruppen ausgetüftelt haben, koalitionär verträglich und budgetär tatsächlich umsetzbar sind. Nicht alle Verhandler finden diese Vorgangsweise sinnvoll, denn: Das wäre, als ob man "einen Wunschzettel ans Christkind schreibt", heißt es - und erst dann werde entschieden, was finanziell überhaupt möglich ist.

Nach den Plänen von Faymann und Spindelegger könnte die Koalition jedenfalls bis 13. Dezember stehen und kurz vor Weihnachten, am 20. Dezember, ihre Regierungserklärung vor dem Parlament abgeben.

Streit um Antrittsalter

Bis dahin müssen SPÖ und ÖVP noch einige Meinungsverschiedenheiten ausräumen. Denn erst am Donnerstag rüttelte Andreas Khol (ÖVP), zwar Mitverhandler bei der Staatsreform, in der ORF III-Sendung 60 Minuten Politik am Pensionsantrittsalter für Frauen - für den Fall, dass das faktische Pensionsantrittsalter der Österreicher nicht wie geplant steige: "Dann müssen wir auch schauen, ob wir nicht im Jahr 2016 oder 2017 beschließen müssen, dass das Frauenpensionsalter ab 2019 in Schritten, in kleinen Schritten angeglichen wird", sagte Khol - das sei offizielle Position seiner Partei: "2016 schauen, ob's notwendig ist, 2019 in Wirksamkeit." Hintergrund: Tatsächlich ist die schrittweise Angleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer erst ab 2024 geplant.

In der SPÖ weist man das schwarze Ansinnen vehement zurück. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), Chefverhandler beim Thema Pensionen, zum STANDARD: "Für die SPÖ ist das kein Thema." Dazu gebe es einen entsprechenden Regierungs- sowie Parlamentsbeschluss aus dem Jahr 1992, "auf den sich die Österreicherinnen verlassen müssen".

Ähnlich Karl Blecha, Seniorenrats-Präsident und Mitverhandler, zum STANDARD: "Wir sind überrascht, dass das von der ÖVP-Seite jetzt wieder kommt. Wir schließen das aus." Auch aus dem Kanzleramt wird bekräftigt, dass es aus SPÖ-Sicht zu keiner vorzeitigen Anhebung des Frauenpensionsalters kommt - auch, wenn die ÖVP das immer wieder aufs Tapet bringt.

ÖVP: Keine Tabus

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek stellt klar, dass es das schwarze Vorhaben "mit der SPÖ nicht geben" wird, denn schon jetzt gehe ein Drittel aller Frauen aus der Arbeitslosigkeit in Pension. "Wenn wir das Antrittsalter erhöhen, dann verschärfen wir dieses Problem." Man müsse beim faktischen Pensionsalter für alle ansetzen: "Das ist die wahre Herausforderung: Frauen und Männer sollen länger gesund im Arbeitsleben bleiben."

Aus der ÖVP heißt es zu diesem Thema, es dürfe keine Tabus geben, man müsse auch darüber diskutieren - und werde das im Rahmen der Koalitionsverhandlungen jedenfalls auch tun.

Aus anderen Untergruppen gibt es zahlreiche Vorschläge, die Bereiche Sicherheit, Verteidigung und Außenpolitik seien weitgehend abgehakt, der Gesundheitsbereich aufgrund der zahlreichen Länderkompetenzen dagegen noch offen. Ein generelles Rauchverbot in allen Lokalen wurde zwar diskutiert, ist aber noch nicht akkordiert. Die ÖVP hält das den Gastwirten gegenüber für nicht zumutbar, heißt es aus der übergeordneten Koordinierungsgruppe.

Offen ist auch der Bereich Beamte: Der prolongierte Aufnahmestopp und die offenen Gehaltsverhandlungen tragen nicht dazu bei, in dieser Gruppe Harmonie zu verbreiten.

Chefsache "Verländerung"

Ein der abtretenden Regierung altbekanntes Thema im Schulbereich ist auch wieder aufgetaucht, "erfunden" nicht von der Bildungs-, sondern von der Staatsreformgruppe: Die "Verländerung" der Lehrer, also die Übertragung der Zuständigkeit für alle Lehrer (Bundes- und Landeslehrer) an die Länder. Wie der Standard erfahren hat, ist diese "heiße Kartoffel" ganz nach oben delegiert und zur Chefsache erklärt worden. In diesem Zusammenhang geistert ein unbestätigtes "Geheimpapier" herum, in dem Faymann und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) genau diese Verländerung der Lehrer paktiert haben sollen.

Tatsächlich hat Pröll im Herbst 2010 den Kampf um die "Verländerung" der Lehrer angetreten - und ihn gegen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) verloren, die den ÖVP-Wirtschaftsflügel auf ihrer Seite hatte.

Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) deponierte am Freitag per Aussendung, dass sie sich eine Verwaltungszuständigkeit der Länder für die Lehrer "nicht vorstellen kann".

Die Konfliktlinien verlaufen nicht so sehr zwischen den Parteien, sondern zwischen Bund und Länder bzw. entlang der Zuständigkeitsfelder der Involvierten. So vermögen auch in Verhandlerkreisen viele keinen "Mehrwert" darin zu sehen, dass der Bund die Lehrerkompetenzen an die Länder abtreten könnte. Es wäre vor allem ein symbolischer Machtgewinn für die Landeshauptleute, realpolitisch wäre es nicht billiger, dafür aber würde das Ministerium viel schulpolitischen Gestaltungsspielraum verlieren, heißt es.

Fakt ist aber auch, dass es eine "gemeinsame Position der Länder" von 2009 zur "Reform des Schulwesens" gibt, in der die Landeshauptleute fordern: "Die Vollziehung des Dienstrechtes für alle Lehrer soll Ländersache sein." (Lisa Nimmervoll, Michael Völker, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 23.11.2013)