Ein Arbeiter beim Bau einer Umfassungsmauer aus Leergut auf Kurumba.

Foto: Günther Strobl

Kurumba/Kuramathi - Aus der Luft ist der kleine Fleck Erde kaum auszumachen. Vom Flughafen der Hauptstadt Malé ist man dank Schnellbootverbindung in zehn Minuten dort: Kurumba heißt das Inselchen, auf der vor etwas mehr als 40 Jahren alles begonnen hat, im Guten wie im Schlechten.

Im Guten, weil mit den ersten Touristen, die auf Kurumba Station machten und die Malediven als Tauch- und Schnorchelparadies entdeckten, Geld und Wohlstand in den Inselstaat kamen. Im Schlechten, weil mit steigender Touristenzahl auch die Umwelt Schaden genommen hat. Jeder Malediven-Gast produziert im Schnitt 3,5 Kilogramm Müll pro Tag, sagt die Statistik.

Müll auf dem Meeresgrund

Ein beträchtlicher Teil davon dürfte im Lauf der Jahre auf dem Meeresboden angekommen sein, sofern der Müll nicht vorher verbrannt oder deponiert wurde. Noch nicht in allen, aber in immer mehr Hotelresorts spricht sich herum, dass ohne intakte Umwelt der Geldregen irgendwann abreißen wird. So auch in Kurumba, der Keimzelle des Malediven-Tourismus.

"Wir nützen so viel wie möglich und schauen, dass insgesamt wenig Müll anfällt", sagt Upul. Der aus Sri Lanka stammende Mitvierziger dirigiert einen Stab von gut 40 Mitarbeitern, die auf Kurumba den Abfallkreislauf steuern, Gartenarbeiten erledigen und die Miniinsel, die zu Fuß in 20 Minuten umrundet ist, sauber halten. Kurumba hat ihren Namen von den vielen Kokosnusspalmen, die auf der Koralleninsel ideale Wachstumsbedingungen vorfinden.

"Aus all dem wird Humus", sagt Upul und zeigt beim Standard-Lokalaugenschein auf einen Haufen Kokosnussschalen, Palmblätter und Laub. "Das alles wird geschreddert und dann als Humus auf die Beete aufgebracht."

Kompostieren und recyceln

Küchenabfälle und Essensreste werden in einer aus Japan importierten Spezialkompostieranlage verarbeitet. Bakterien unterstützen die Fermentierung. "Was in der freien Natur zweieinhalb Monate dauert, geht hier in 40 Minuten", sagt Upul. Der Inhalt wird in Säcke geschaufelt, wo der Fermentierungsprozess weitergeht. "Nach ein paar Wochen haben wir dann den besten Kompost", sagt Upul nicht ohne Stolz. Weil die gut 700 Kilo Humus, die in der Anlage Tag für Tag hergestellt werden, den Eigenbedarf übersteigen, wird auch an Dritte verkauft.

Dosen landen in einem Metalldosenpresser und dann bei Recyclingunternehmen. Auch ein Verbrennungsofen steht auf der Insel. Aus Mangel an Verbrennbarem wurde der aber schon lange nicht mehr angeworfen.

Granulat aus Plastikflaschen

Eine andere Maschine kommt hingegen recht häufig zum Einsatz. "Wir sammeln jeden Tag 500 bis 1000 Plastikflaschen. Die werden zum Großteil hier eingeführt", zeigt Upul auf den Einlass der Maschine, "und kommen dort als Granulat heraus." Das sandkorngroße Material wird nach Malé verkauft, von wo es in großem Stil nach Indien verschifft wird.

Einige Plastikflaschen werden auch als Baumaterial verwendet, was aber etwas mühsam sei. Aus Festigkeitsgründen müsste dieses erst mit Sand gefüllt werden. Für Bauzwecke eignen sich Glasgebinde besser. Upul: "Wir sortieren Bierflaschen nach der Farbe, haben grüne, braune und weiße. Damit bauen wir die Umfassungsmauern für unseren geplanten Kräutergarten."

Gemüse- und Kräuterkultur

Eine knappe Flugstunde westlich, am Nordrand des Ari-Atolls, liegt Kuramathi, eine der größten Hotelinseln auf den Malediven. Es gibt Platz für 600 Gäste und 800 Angestellte. Gemüse wird trotz beschränkten Platzes so viel wie möglich auf der Insel angebaut, Kräuter sowieso. Der Großteil der Lebensmittel muss aber importiert werden, wie auf anderen Ferieninseln auch.

"Wir brauchen pro Woche 23 Tonnen Hühnerfleisch, 27.000 Kilo Fisch, 7000 Kilo Ananas, 16.000 Eier, 4000 Kilo Reis. Das hier ist eine kleinere Stadt", sagt Alan Trefois, der Operation-Manager. Wie auf Kurumba wird auch auf Kuramathi kompostiert auf Teufel komm raus. Erde ist Mangelware, Baumaterial sowieso. Deshalb ist der Glasflaschenzerreiber auch Tag für Tag in Betrieb. Der Glasstaub wird mit Zement vermischt. Das macht die Masse um einiges kompakter.

Wasseraufbereitung

Ein eigenes Kapitel ist die Wassergewinnung. Auf dem Weg umgekehrter Osmose wird zuvor gereinigtes Salzwasser unter Druck durch Membranen gepresst. "Da geht kein lebender Organismus durch, auch wenn er noch so klein ist", sagt der Chefingenieur auf Kuramathi, Bijou V. Jose. "Wir produzieren jeden Tag 7,5 Millionen Liter Wasser. Etwa 500 Liter füllen wir in Flaschen ab. Wir haben unser Wasser mit dem zugekauften Mineralwasser verglichen. Unseres schmeckt besser - und wir sparen noch dazu Verpackung." (Günther Strobl, DER STANDARD, 23.11.2013)