Noch heute reibt sich so mancher in der CSU verwundert die Augen. Denn selten hat man in Deutschland ein solches Comeback erlebt, wie es am Wochenende in München beim CSU-Parteitag passiert ist. Peter Gauweiler ist plötzlich wieder wer.

Und das Kuriose daran: Er hat es selber erst drei Tage vorher erfahren. Der mittlerweile fast allmächtige Partei- und Regierungschef Horst Seehofer hat die Personalie quasi im Alleingang durchgedrückt und Gauweiler zum CSU- Vizechef gemacht.

Es ist doch der Gauweiler, fragen Jüngere sicherheitshalber nach. Ja, richtig, es ist der Gauweiler - das CSU-Urgestein, der Hardliner, der schwarze Sheriff, der Ziehsohn von Franz Josef Strauß selig.

Zwar war der 64-jährige Jurist aus München nie in der ersten Reihe der selbsternannten Bayernpartei, aber er gehört zu ihrem Inventar wie die Lederhose und die Maß Bier. Im Stadtrat von München saß er, im bayerischen Landtag, seit 2002 ist er Bundestagsabgeordneter. Bundesweite Bekanntheit erlangte der vierfache Vater vor allem ab 1986 in seiner Zeit als bayerischer Staatssekretär des Inneren.

Mal fordert er HIV-Zwangstests für Prostituierte, Drogensüchtige, Beamtenanwärter und Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis wollen.

In München will er die von Jan Philipp Reemtsma initiierte Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht verhindern. Auch das harte Vorgehen der bayerischen Polizei gegen Demonstranten der atomaren Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf geht auf ihn zurück. Als sein Förderer Strauß 1988 stirbt, wird es ruhiger um Gauweiler. Unterbeschäftigt ist er dennoch nicht, denn er nimmt sich später den Euro vor - das "Esperantogeld", wie er die Gemeinschaftswährung abfällig nennt.

Er reicht beim Verfassungsgericht Klagen ein (gegen den Vertrag von Lissabon, gegen den Eurorettungsschirm.). Keiner wird vollumfänglich stattgegeben, aber jedes Mal geben die Höchstrichter der Politik Auflagen in Gauweilers Sinn mit, dass nämlich der Bundestag stärker zu beteiligen sei.

Wirkliche Macht hat Gauweiler als CSU-Vize nicht, denn diese liegt bei den Bezirkschefs. Aber Seehofer holt den Eurokritiker nach vorn, weil er ihn für die Europa-Wahl 2014 braucht. Seehofer nämlich hat Angst vor einem Erfolg der eurokritischen AfD (Alternative für Deutschland) in Bayern. Da soll ihm lieber Gauweiler ein bisserl taktisch dosierte Opposition im eigenen Laden machen. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 26.11.2013)