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Die Gay-Pride in Zagreb ist nur unter Polizeischutz möglich.

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Das Logo der Initiative "Im Namen jeder Familie", die Gleichstellung fordert.

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Sarajevo/Zagreb - Sie geben sich großmütig und christlich. "Verzeihen wir den Verleumdungen und Medienmanipulationen! Verzeihen wir Zoran!", sprechen sie den kroatischen Premier Milanovic direkt an. Die Zukunft der kroatischen Familie hängt von dir ab!", lauten einige der Slogans mit denen die Organisation "Im Namen der Familie" für das Referendum kommenden Sonntag Werbung macht. Die Ehe soll damit als exklusive Gemeinschaft zwischen Mann und Frau in der Verfassung verankert werden.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das auch so kommen. 750.000 Kroaten haben bereits im Vorfeld für das Referendum unterschrieben. Schätzungen zufolge könnten etwa zwei Drittel für die Verfassungsänderung stimmen. Und die Beteiligung könnte sogar höher sein als bei der Abstimmung zum EU-Beitritt. Denn der Volksentscheid wird auch als Möglichkeit gesehen, die Regierung abzustrafen. Viele Kroaten sind von dieser tief enttäuscht.

"Konservative Revolution"

Doch es geht um mehr. Kroatische Medien sprechen von einer "konservativen Revolution", schließlich lassen sich über das Thema "Homo-Ehe" Hunderttausende in der zum Teil homophoben Gesellschaft mobilisieren, darunter viele Junge. Aber wie ticken Leute, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Gleichstellung von Homosexuellen im Familienrecht über eine Änderung der Verfassung zu verhindern?

Ivan Munjin ist Präsident der Initiative "Im Namen der Familie" und koordiniert die Studenten. "Es geht um die Natur der Ehe zwischen Mann und Frau", erklärt er dem Standard. Sie sei ein Erbe und ein Gut der Menschheit. "Denn sie kommt aus der menschlichen Natur, die vor allem da war, sie ist nicht von einem Glaubenssystem oder philosophischen Traditionen abhängig", so Munjin.

Konzept "Menschliche Natur"

Obwohl Munjin betont, dass "Im Namen der Familie" keine religiöse Initiative sei, entspricht diese Gedankenwelt auch jener der katholischen Kirche, die die zivile Ehe als "Wert der Schöpfungsordnung" und nicht als rein zivile Angelegenheit betrachtet. Die Kirche verwendet ebenso den Begriff der "menschlichen Natur".

So meinte etwa Papst Benedikt XVI., dass die Familie "durch eine falsche Konzeption der menschlichen Natur" gefährdet sei. Manche glauben, dass nur die Ehe zwischen Mann und Frau der "menschlichen Natur" entspricht, weil sie glauben, dass Männer und Frauen "nach dem Abbild Gottes" zweigeschlechtlich geschaffen worden seien. Die Homo-Ehe betrachten sie offenbar als Angriff gegen den Schöpfungsglauben.

Obwohl die Regierung dies gar nicht vorhat, ist Munjin fest überzeugt, dass sie "langfristig die Homo-Ehe" einführen will. Bereits die neue Sexualerziehung, deren Inhalt, die "Eltern nicht bestimmen können", wird von Leuten wie ihm als Angriff auf die "Institution Ehe" betrachtet.

Die besonders starke Ablehnung der Gleichstellung von Homosexuellen in Kroatien hat auch damit zu tun, dass die Konservativen hier keine liberalen Werte vertreten. "Die jungen Leute sind wegen des Bildungssystems, in dem die Kirche starken Einfluss hat, heute konservativer als ältere Generationen", sagt der Politologe Davor Gjenero. Politisch ginge es auch darum, dass die Kirche mehr Einfluss auf die Europäische Volkspartei bekommen wolle. Das Referendum könne als Kampagne für Europawahlen gesehen werden, meint er.

Die kroatische Kirche sei zudem von der konservativen HDZ unter Tomislav Karamarko enttäuscht, der offenbar als Innenminister kirchennahe Unternehmer vergrault hat. "Sie ist sich auch im Klaren, dass der Nationalismus der EU nicht koscher ist, und sucht nach einer alternativen Ideologie", so Gjenero. "Es ist jedenfalls das erste Mal, dass wir eine so starke klerikale Bewegung auf der politischen Agenda haben."

Als Masterminds der Bewegung gelten Vice Batarelo und Stjepo Bartulica: Beides nicht zufällig Kinder von Immigranten, die nach Kroatien (aus Australien und den USA) zurückgekehrt sind. "Deren Ideologie ist mehr oder weniger ident mit jener der Tea Party", so Gjenero. Bartulica lehrt an der katholischen Fakultät und berät Präsident Ivo Josipovic.

Batarelo ist Präsident der Organisation "Vigilare" und holte sogar die amerikanische Kommunikationswissenschafterin Judith Reisman nach Zagreb, die gegen Homosexualität und Gender-Politik agitiert. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 26.11.2013)