177 Seiten stark soll der schwarz-rote deutsche Koalitionsvertrag sein. Doch bis zuletzt waren an vielen Stellen noch eckige Klammern, weiße Flecken oder ein paar Punkte verzeichnet. Folgende Themen beschäftigten die Großkoalitionäre in spe in der finalen Runde:
Mindestlohn: Die SPD gibt sich hier kompromisslos, der gesetzliche, flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro gilt als ihr Prestigeprojekt. Im Gespräch ist nun die Erfüllung ebendieser Forderung ab 1. Jänner 2015. Bis 2017 soll es zudem möglich sein, in bestimmten Branchen auch noch geringere Löhne zu zahlen. Die Union setzt sich bis zum Schluss für Ausnahmen vom Mindestlohn für Zeitungsausträger, Erntehelfer und Langzeitarbeitslose mit Vermittlungsproblemen ein.
Pkw-Maut für Ausländer: Diese ist eine Herzensangelegenheit der CSU. Ihr Vorsitzender Horst Seehofer hat erklärt, er werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, der diese Maut nicht enthalte. Am Nachmittag hieß es im Entwurf des Koalitionsvertrags: „Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaues unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkws erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird." Im Laufe des Jahres 2014 soll geklärt werden, wie dieses Gesetz EU-konform gestaltet werden könnte. Möglich wäre die Vignette mit der Kfz-Steuer für in Deutschland angemeldete Autos zu verrechnen.
Pensionen: Die Union will die „Mütterrente". Für Mütter (oder auch Väter), deren Kinder vor 1992 geboren wurden, soll es 56,28 Euro statt 28,14 Euro monatlich geben. Das Projekt kostet allerdings 6,6 Milliarden Euro, die Finanzierung (Pensionskassen oder Zuschuss des Bundes) ist strittig. Das Gleiche gilt für den Wunsch der SPD, Arbeitnehmer, die 45 Beitragsjahre zusammenhaben, schon mit 63 Jahren ohne Abschläge in Pension zu schicken. Denn grundsätzlich wird in Deutschland das Pensionsalter gerade schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Das Vorhaben soll fünf Milliarden Euro kosten, die Union zweifelt die Finanzierbarkeit an.
Nichts mit Finanzierung hat hingegen ein weiterer Streitpunkt zu tun: die doppelte Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder von Migranten. Derzeit müssen sie sich mit 23 Jahren für einen ihrer beiden Pässe entscheiden. Die SPD will ihnen beide Pässe belassen. Die Union will das nicht. Das Problem: Dazwischen ist kaum ein Kompromiss möglich. Das Angebot der Union, die Altersgrenze für die Option auf 30 Jahre anzuheben, lehnt die SPD ab.
Homo-Ehe: Eine völlige Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft für Lesben und Schwule mit der Ehe für Mann und Frau lehnte die Union bisher ab. Doch nun heißt es im Entwurf für den Koalitionsvertrag: „Wir werden darauf hinwirken, dass bestehende Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen beendet werden." Das würde homosexuellen Paaren auch die Adoption von Kindern erlauben, die die Union bisher nicht wollte. Die Union hat am Dienstagabend auch bestritten, sich mit der SPD über die völlige Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften geeinigt zu haben. "Das ist nicht der Fall", sagten mehrere Unionspolitiker zu Reuters. Allerdings ist zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht das Adoptionsrecht für Homosexuelle ohnehin in Kürze einfordern wird. (bau, derStandard.at, 26.11.2013)