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Auch Riccardo Tisci (Givenchy) ist dem Lagenlook nicht abgeneigt.

Foto: ap/dapd/Francois Mori

Das darf man ruhig so sagen: Wenn es einer schaffte, im Kleid über der zerrissenen Jeans nicht bescheuert auszusehen, dann war das wohl Kurt Cobain. Und das nicht nur auf der Bühne. Anfang der Neunzigerjahre war er im Blümchenkleid für das Cover des Londoner Magazins "The Face" zu sehen. Dazu die obligatorischen dunklen Augenringe, die hinter einem Vorhang schulterlanger Haarsträhnen fast verschwanden, und Zigarette in der Hand.

Zehn Jahre später perfektionierte dann eine Viva-Moderatorin den unorthodoxen Lagenlook. Ihr Motto: Mehr macht einfach mehr her. Charlotte Roche, laut, schräg und bunt, hampelte in Second-Hand-Röcken über Hosen mit Schlag auf der Mattscheibe herum. Die Moderatorin mit den Piercings in der Oberlippe und dem schwarzem Pony, in der Mitte der Stirn abgesäbelt, gab damals in einem Interview zum Besten, sie wolle wie eine "Lumpenfee" aussehen – und bloß nicht als erweiterte Studiodekoration enden. Eine Konsensfigur war sie noch nie. Dass Charlotte Roche damals dennoch eine ganze Generation an Zuschauerinnen modisch anmachte – um so besser.

Zeitgemäßes Übereinanderstapeln

Irgendwann war es dann aber genug. Die ach so praktische Schichtung von Röcken über abgelatschten Hosensäumen war der modische Dauerbrenner in Soziologieseminaren, die Polyesterversion irgendwann gar als All-inclusive-Modell zu haben. Das alles aus heutiger Perspektive irgendwie abgestanden: Kein Wunder, das Auge ist seit einigen Jahren auf schmale Skinny-Röhren getrimmt. Und Roche, die ihre Piercings mittlerweile entfernt hat, frönt längst der schrägen Eleganz.

Wer ihre Nachfolge angetreten hat? 2013 sind die Modebloggerinnen das, was sie einmal war: weibliche Stilvorbilder, auf ihren Blogs scheinbar zum Greifen nah. Eine von denen ist die New Yorker Bloggerin Leandra Medine. Die beschränkt sich auf ihrem Blog "Man Repeller" im Gegensatz zu vielen anderen nicht allein auf das Buchstabieren ihres Tagesoutfits und kalkuliert mit ein, nicht allen zu gefallen.

Es verwundert also nicht, dass eine wie sie wieder das Übereinanderstapeln von Röcken und Hosen ausprobiert. Das etwas zeitgemäßer in Jeansröhre, High Heels und einem Rock in Midi-Länge, dafür aber auch nicht wahnsinnig eigenständig. Mit Lumpenmarie hat das nichts zu tun, sie folgt ganz den Ideen der Designer aus Paris: Von Chanel bis Dries van Noten haben die das für diesen Winter schon vorgemacht. Eine Frage aber bleibt offen: Ob Charlotte Roche wohl nochmal mit von der Partie wäre? Sie hätte sicher ein paar schräge Tipps parat. (Anne Feldkamp, derStandard.at, 26.11.2013)

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Foto: Lav & Hax