Oszilliert mit 20 Halbschwingungen pro Sekunden und hat ein "magnetisches Gehirn": die "Classique Chronométrie 7727" von Breguet.

Foto: Breguet

Die Swatch Group hat's mit dem Magnetismus: Vor wenigen Monaten wurde mit der Omega "Seamaster Aqua Terra > 15.000 Gauss" eine Uhr vorgestellt, die magnetischen Kräften von über 15.000 Gauss standhält. Während es bei der Omega darum geht, den Auswirkungen des Magnetismus (Gangungenauigkeit bis hin zum Stillstand des Werks) unter Verwendung neuartiger Materialien sozusagen die Schneid zu nehmen, geht die tradtionsreiche Uhrenschmiede Breguet (ebenfalls zur Swatch Group gehörig), einen vollkommen anderen Weg.

Die Ingenieure von Breguet haben den Magnetismus direkt ins Gehirn der Uhr eingebaut: Denn im Handaufzugs-Kaliber 574DR der "Classique Chronométrie 7727" hält ein Magnetfeld die Unruh, also den Gangregler des Uhrwerks, in Balance. So kann sie völlig lageunabhängig ihren Job versehen. Dies gelingt, indem die Unruhzapfen zwischen zwei unterschiedlich starken Mikromagneten gelagert wurden. Was wiederum dazu führt, dass sich die Reibung der Zapfen verringert, sowie die Rotation und die Stabilität der Unruhwelle verbessert werden.

Völlig losgelöst

Das System zentriert und korrigiert sich nämlich selbst: Die Unruhwelle wird dank der "künstlichen Erdanziehungskraft", die durch den Magnetfluss über die Unruhwelle entsteht, nicht mehr von Positionsänderungen der Armbanduhr beeinflusst. Die Drehbedingungen bleiben stets gleich. Verschiebt sich die Drehachse, beispielsweise durch eine Erschütterung, wirkt das System wie eine Stoßsicherung. Und zwar deshalb, weil die Welle sich immer so ausrichten will, dass der maximale magnetische Fluss erhalten bleibt.

Das Prinzip kennt man vielleicht noch aus dem Physikunterricht, wo man eine Eisenkugel zwischen zwei Magneten "schweben" ließ - als Schreibtischschmuck waren solcher Dinger auch einmal beliebt.

Zudem weist der Zeitmesser eine hohe Ganggenauigkeit auf, die in erster Linie durch die hohe Frequenz von zehn Hertz möglich ist, die die chronometrische Leistung des Unruh-Spiralfeder-Paares verbessert. Zu verdanken ist das dem Einsatz von Silizium - einem Material, das sich bei Highend-Uhren immer größerer Beliebtheit erfreut. Es zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass es ob seiner Eigenschaften wenig Reibung aufweist, damit den Verschleiß herabsetzt und weniger Energie "verbraucht". Eingesetzt wird es - wie auch bei diesem Modell - meist für das Anker- und das Hemmungsrad.

Rasende Sekunde

Zudem ist Silizium, was hier besonders zum Tragen kommt, nicht magnetisierbar. All das zusammen macht erst die schnelle Schwingung von zehn Hertz möglich. Normalerweise kommen mechanische Uhren auf acht Halbschwingungen pro Sekunde, also 28.000 in der Stunde. Das Werk der "Classique Chronométrie 7727" oszilliert mit 20 Halbschwingungen pro Sekunde. Über die Zehntelsekunden-Anzeige bei 1 Uhr kann man dies beobachten und der Zeit beim Verfliegen zusehen. Der Zeiger selbst besteht übrigens wieder aus Silizium-Draht und ist deshalb so leicht, dass sein verringertes Trägheitsmoment den Gang der Unruh nicht stört.

Womit wir bei den Äußerlichkeiten wären. Diese sind wie es sich für eine Breguet gehört, bis ins Detail gediegen. So wurde das Zifferblatt mit sechs verschiedenen Motiven von Hand guillochiert. "Genfer Wellen" (im Zentrum) sind ebenso zu finden wie ein "Hufnagelmuster" (kleine Sekunde) oder ein Zackendekor (Gangreserve). Das Zifferblatt weist, neben der erwähnten Zehntelsekunden-Anzeige, einen dezentrierten Stunden-Minuten-Kreis, eine kleine Sekunde bei 12 und eine Gangreserve bei 5 Uhr auf.

Serienreife erlangt

Die sichtbare "Pare-chute-Stoßsicherung" bei 2 Uhr erinnert an eine Erfindung des Namensgebers Abraham-Louis Breguet von 1790. Selbstverständlich dürfen auch die nach ihm benannten, charakteristisch durchbrochenen Zeiger mit "Pomme"-Spitze nicht fehlen. Das Gehäuse (Durchmesser 41 Millimeter) selbst ist in Rot- oder Weißgold erhältlich. Der Saphirglasboden lässt einen Blick auf das Werk zu. Die Uhr ist bis zu drei bar wasserdicht und eine Gangreserve von 60 Stunden - zwei Federhäuser machen das möglich. Zu haben ist die "Classique Chronométrie 7727" für 33.900 Euro.

Sechs Patente schützen diese Technologie, die bereits 2010 entwickelt wurde und seit 2013 serienreif ist. Gut möglich, dass sie eines Tages eine weitere Erfindung Abraham-Louis Breguets ablösen wird, die ursprünglich der Ganggenauigkeit von Taschenuhren zugute kam: das Tourbillon. (Markus Böhm, derStandard.at, 26.11.2013)

www.breguet.com