Bevor Sie sich vom Büro auf den Heimweg machen, heizt das Haus schon mal für Sie vor. Wenn Sie in der Früh aufstehen, schaltet sich automatisch die Kaffeemaschine ein. Und wenn beim Verlassen des Hauses ein Fenster offen steht, kommt automatisch ein SMS auf Ihr Handy. Klingt utopisch? Zukunftsmusik ist das "smart living" schon lange nicht mehr. Unterschiedliche Systeme ermöglichen seit einigen Jahren die intelligente Steuerung etwa von Heizungs- und Entertainmentsystemen und bieten Sicherheitstechnik an.
Wohnkomfort steigern
"Das Ziel einer Haussteuerung ist, den Bewohner bei wiederkehrenden Tätigkeiten zu unterstützen und den Wohnkomfort zu steigern", erläutert Christoph Herzog, Produktmanager für Energieeffizienzprodukte von Smarthome Austria bei der KELAG. "Im Idealfall sollen sich die Systeme an den Bedürfnissen der Bewohner orientieren und diese bestmöglich unterstützen. Mir als Bewohner sollen Instrumente an die Hand gegeben werden, mein Haus optimaler zu nutzen." Einsatzbereiche gibt es viele, Haupttreiber der Entwicklung sind die Themen Energie und demografischer Wandel, schätzt der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) in einer Studie zur Cebit 2013.
Keine einheitlichen Standards
Das Problem: Noch seien Konsumelektronik, Haushaltstechnik und Hausautomation getrennte Welten. "Bisher fehlt es an einheitlichen Standards, die Kosten sind oft noch hoch und der Mehrwert für den Verbraucher nicht immer transparent", hält die VDE-Studie fest. Zudem sei die Zusammenarbeit zwischen Branchen wie Energieversorgern, Wohnungsbaugesellschaften, Telekommunikationsanbietern und Internetprovidern nur unzureichend ausgeprägt.
Konkurrierende Systeme erschweren Nutzern den Durchblick. Neben dem Standard-Bus werden auch Funklösungen angeboten, die aber wiederum nicht untereinander kompatibel sind. Stephen Löwenstein verkauft seit zehn Jahren Hausautomationssysteme und kennt das Problem: "Am häufigsten wird der KNX-Bus verkauft. Damit können Sie Licht, Jalousien und sonstige elektronische Verbraucher steuern. Ich kann dem aber nicht sagen, er soll den Fernseher ein- oder ausschalten, dafür brauche ich eine zusätzliche Technologie."
"Für den Konsumenten soll das eine einfache Geschichte sein"
Die immer einfachere Usability existierender Technologien macht die Konsumenten anspruchsvoll. Eine zentrale Steuerung, die auf Knopfdruck reagiert, oder neuartige Schnittstellen wie Sprache oder Gestik sind für den VDE Schlüsselelemente, um Hausautomation breitenwirksam zu machen. "Für den Konsumenten soll das eine einfache Geschichte sein", bestätigt Löwenstein. "Da kann zum Beispiel die Alarmanlage das Licht einschalten, die Waschmaschine am Fernseher mitteilen, dass sie fertig ist, ich sehe am TV, wer an der Tür läutet, und der Putzfrau kann ich übers Handy die Tür öffnen. Das alles sollte von einer Oberfläche aus über eine zentrale Steuerstelle zu bedienen sein."
Automatische Sicherheit für ältere Nutzer
Besonders bei älteren Nutzern steigt die Akzeptanz und Nutzungshäufigkeit, je einfacher die Handhabung ist, stellt eine Untersuchung am Berliner Institut für Sozialforschung fest. "Ambient Assisted Living" nennt sich das Konzept, das mittels technischer Unterstützung ein selbstbestimmtes Leben im Alter ermöglichen soll. "Da professionelle Hilfe immer teurer wird, ist die Unterstützung durch Technik letztlich unumgänglich", stellen die Studienautorinnen rund um Sibylle Meyer und Eva Schulze fest.
Vor allem der Sicherheitsaspekt sei es, der ältere Menschen zu automatischen Systemen bringe: Beliebt sind Einbruch- und Rauchmelder sowie Hausnotruf und Sturzmelder, ebenso das automatische Abschalten potentieller Gefahrenquellen wie Herd oder Bügeleisen beim Verlassen der Wohnung. "Man kann nicht nur von Unterwegs auf sein Zuhause zugreifen und sich informieren, ob alles in Ordnung ist, sondern sich auch proaktiv vom Haus per SMS und E-Mail informieren lassen, wenn etwas nicht stimmt", sagt Christoph Herzog. Stellt etwa der Bewegungssensor am Fenster unerlaubte Aktivität fest, kann er über den Rauchmelder die Alarmanlage aktivieren und eine SMS an den Bewohner schicken.
Energie sparen durch automatisches Abschalten
Eine bisher eher untergeordnete Rolle beim Thema Homeautomatik spielen Bequemlichkeit und Komfort. "Es gibt zwar Leute, die sagen, ich will mir den Luxus leisten, ich will nicht extra aus dem Bett aufstehen, um das Licht im Wohnzimmer auszuschalten", beschreibt Löwenstein eine Zielgruppe. "Andere aber wieder sagen, sie brauchen das nicht, weil sie sich sowieso zu wenig bewegen." In jedem Fall lassen sich mit automatischen Systemen Energiespareffekte erzielen. "Durch die bedarfsgerechte Programmierung der Raumwärme ist großes Einsparungspotential vorhanden", so Christoph Herzog. Auf Knopfdruck alle Stand-by-Geräte im Haus ausschalten zu können oder beim Verlassen des Hauses mit einem Schalter die Raumwärme zu drosseln, sei eine zusätzliche Möglichkeit, Kosten zu senken.
Löwenstein rät, sich bei der Planung genau zu überlegen, welche Funktionen automatisiert werden sollen: "Wenn ich im Haus drinnen bin und die Jalousie meint, sie muss jetzt runterfahren, kann das ganz schön nervig sein." Im Vorfeld solle man darauf achten, dass die Geräte miteinander kompatibel seien und genug Netzwerkdosen vorhanden sind: "Überlegen Sie sich, was Sie in dem Haus wie und von wo aus steuern wollen." Bevor einem das eigene Haus über den Kopf wächst, sollte man auch darauf achten, dass es eine Ausschalt-Funktion gibt, rät Löwenstein "Automatismen haben wir nur laufen, wenn das Haus unbewohnt ist. Wenn ich zu Hause bin, soll das Haus das machen, was ich will." (Barbara Oberrauter, 26.11.2013)