Es ist eine Situation, die immer öfter vorkommt: Ein Arbeitgeber zahlt einem jungen Mitarbeiter einen Ausbildungskurs. Dieser kündigt bald darauf und nutzt seine zusätzlich erworbenen Kenntnisse bei der Suche nach einem neuen Job.

Das Gesetz - § 2d AVRAG - sieht für solche Fälle einen Rückersatz der Kosten für eine "erfolgreich absolvierte Ausbildung" vor, wenn diese schriftlich vereinbart wurde und aliquot je nach Zeitpunkt der Kündigung gestaffelt wird. Doch gerade für junge Mitarbeiter - oft auch Lehrlinge - bedeutet eine solche Rückforderung eine schwere finanzielle Belastung.

Sowohl die Arbeits- und Sozialgerichte (ASG) als auch der Oberste Gerichtshof haben bei Streitigkeiten zuletzt zumeist für den Arbeitgeber entschieden, solange die von der Judikatur geforderte Einzelvereinbarung für eine konkrete Ausbildung vorliegt.

In einem aktuellen Fall hat ein Friseurlehrling an einer viertägigen Schulung für Nageldesign und Wimpernverlängerung teilgenommen und sich auf eine aliquote Rückzahlung verpflichtet, sollte sie innerhalb von drei Jahren das Dienstverhältnis beenden. Als dies dann tatsächlich geschah, stellte sie sich auf den Standpunkt, dass der Kurs ohne Prüfung und Erhalt eines Zeugnisses geendet hatte; von "erfolgreich absolviert" könne keine Rede sein. Der OGH (27.9.2013, 9 ObA 97/13z) folgte dieser Argumentation nicht: Entscheidend sei, ob das erlernte Wissen ihr am Arbeitsmarkt nützen würde, und das sei auch ohne Prüfung möglich - selbst dann, wenn die Auszubildenden die neue Fertigkeit noch nicht mängelfrei beherrsche. Es mache auch keinen Unterschied, ob die Ausbildung extern oder firmenintern angeboten worden sei.

Für Thomas Angermair, Arbeitsrechtsexperte bei Dorda Brugger Jordis, ist hier auffallend, dass die sonst so arbeitnehmerfreundlichen Gerichte hier zuungunsten der wirtschaftlich Schwächeren entscheiden. "Arme Lehrlinge werden hier in die Pflicht genommen, auch wenn es sie finanziell ruiniert", sagt er. Richter hätten hier auch bei sehr hohen Forderungen kein richterliches Mäßigungsrecht, betont er. Problematisch sei das etwa dort, wo Arbeitnehmer an der Ausbildung nur auf Drängen ihrer Vorgesetzten teilgenommen haben. Selbst die Entgeltfortzahlung während der Ausbildungszeit könne zurückverlangt werden.

Denn Arbeitnehmer binden

Letztlich dienten die immer häufigeren Rückersatzvereinbarungen dazu, Arbeitnehmer an den Dienstgeber zu binden, wie es früher durch die Abfertigung alt geschah, glaubt Angermair. Auch bei Entlassung kann die Rückzahlung gefordert werden und in manchen Fällen auch, wenn der Arbeitgeber kündigt - nämlich dann, wenn ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers, das allerdings nicht für eine Entlassung reicht, dafür verantwortlich war.

Für Silva Palzer, Arbeitsrechtsexpertin bei Eversheds, stellt sich bei der jüngsten OGH-Entscheidung die Frage, wie eine "erfolgreich abgeschlossene Ausbildung" ohne Prüfung nachgewiesen werden kann. "Das wird dann wohl ein Sachverständiger beurteilen müssen", sagt sie.

Und was passiert, wenn ein Arbeitnehmer eine Prüfung nicht besteht? Lässt sich ein schuldhaftes Verhalten des Kursteilnehmers nachweisen, etwa weil er oder sie ohne zwingenden Grund zu wenig anwesend war, dann besteht nach einer jüngeren Entscheidung des Arbeit- und Sozialgerichts die Rückersatzpflicht trotz fehlenden Erfolgs (ASG 21.8.2012, 41 CGA 3/12d), sagt Palzer. Kann der Arbeitnehmer Schuldlosigkeit nachweisen, dann muss er hingegen nicht bezahlen.

Aber selbst wenn in einer mehrteiligen Ausbildung einige Kursmodule nicht abgeschlossen werden, müsse man nach der letzten Entscheidung davon ausgehen, dass die Rückersatzpflicht hält, betont Angermair. Denn "auch einzelne Teilbereiche einer Ausbildung haben für den Jobsuchenden am Arbeitsmarkt einen Wert", und darauf kommt es laut OGH schließlich an. (Eric Frey, DER STANDARD, 27.11.2013)