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Silvio Berlusconi sieht sich einmal mehr als Opfer der Justiz.

Foto: AP Photo/Riccardo De Luca

Am Abend vor der Debatte über den Senatsausschluss von Italiens Expremier Silvio Berlusconi hat seine Partei Forza Italia Dienstagabend ihren Wechsel in die Opposition verkündet. Die Bedingungen für einen Verbleib in der Regierung seien nicht mehr vorhanden, sagte Fraktionschef Renato Brunetta. "Ab heute sind wir in der Opposition."

Die Entscheidung dürfte keine Auswirkungen auf die Stabilität der Regierung haben. Sie wird weiterhin von der Nuovo Centrodestra (Neue rechte Mitte) des früheren Berlusconi-Vertrauten Angelino Alfano gestützt, die sich jüngst von Berlusconis Partei abgespalten hatte.

Vertrauensvotum

Eine mit dem Haushalt für 2014 verbundene Vertrauensabstimmung im Senat überstand die Regierung in der Nacht auf Mittwoch auch problemlos. Mit 171 zu 135 Stimmen unterstützte eine komfortable Mehrheit die Koalitionsregierung von Ministerpräsident Enrico Letta und deren Sparpläne.

Auch die Fraktion um Innenminister Angelino Alfano, „Neue Rechte Mitte" (NCD), die sich kürzlich von der konservativen Partei "Forza Italia" (früher PdL) von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi abgespalten hatte, stellte sich wie erwartet hinter die Reform-Vorhaben.

Kühne Vergleiche

Am Nachmittag hatte Berlusconi in einer Pressekonferenz nicht mit kühnen Vergleichen gespart: "Ich werde als Nelson Mandela Italiens in die Geschichte eingehen!", verkündete er etwa. Mit allen Mitteln stemmte sich der Expremier gegen seinen Ausschluss aus dem Parlament, das ihm trotz Abwesenheitsquote von 99,4 Prozent monatlich 13.000 Euro überweist. Der 77-Jährige sprach von "Staatsstreich", und rüde forderte er Staatschef Giorgio Napolitano auf, ihn zu begnadigen.

Der dick geschminkte Patriarch kündigte zudem eine Revision des Mediaset-Prozesses an, in dem er vier Jahre Haft ausgefasst hatte: Neue Zeugen und Unterlagen aus den USA würden seine Unschuld beweisen, sagte er.

Kundgebung

Berlusconi, der ursprünglich im Senat eine Brandrede halten wollte, wird an der abendlichen Sitzung heute, Mittwoch, voraussichtlich nicht teilnehmen. Seine Anhänger hat er zu einer Kundgebung vor seinen römischen Palazzo bestellt. Wird er ausgeschlossen, darf Berlusconi nicht mehr kandidieren. Öffentliche Auftritte sind ihm aber nicht untersagt, bis das Gericht entscheidet, ob ihm Sozialdienst statt Hausarrest gewährt wird.

 

Mit seinen zahlreichen Auftritten hat Berlusconi de facto bereits den Wahlkampf für die EU-Wahl begonnen. Die sechs Parteien der Rechtsunion liegen in Umfragen mit 35 Prozent klar vor dem Linksbündnis mit 30 Prozent.

Mit Berlusconis Ausschluss und der nächste Woche fälligen Wahl von Matteo Renzi zum Chef des Partito Democratico würde Italien um eine politische Anomalie reicher: Mit Berlusconi, Grillo und Renzi werden dann die Führer der drei größten Parteien nicht im Parlament vertreten sein. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, 27.11.2013)