Franz Jägerstätter wurde am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom seliggesprochen.

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Salzburg - Sie heißen Rosalia, Maria und Aloisia und sind die Töchter von Franz und Franziska Jägerstätter. Ihre durch Heiraten geänderten Nachnamen wollen die drei zwischen 1937 und 1940 Geborenen lieber nicht in der Zeitung lesen. Auch ihren aktuellen Wohnort wollen sie nicht genannt haben. "Sonst kommen wieder die Neider", sagt Maria.

An der Furcht vor öffentlichen Anfeindungen hat offensichtlich auch die Seligsprechung ihres Vaters im Oktober 2007 wenig geändert. Als Jugendliche hatten sie miterleben müssen, wie ihrer Mutter wiederholt die Mitschuld an der Ermordung von Franz Jägerstätter durch die NS-Militärjustiz im August 1943 gegeben wurde. Der gläubige Katholik Jägerstätter hatte den Kriegsdienst in der Wehrmacht verweigert, wurde zum Tode verurteilt und enthauptet. Seiner Witwe wurde nach dem Krieg vorgeworfen, sie habe Schuld an der religiösen Entwicklung ihres Mannes.

Erst Jahre später hat das offizielle Österreich die Rolle Franziska Jägerstätters gewürdigt. Ihr ist unter anderem das Goldene Verdienstzeichen der Republik verliehen worden. Franziska Jägerstätte ist im März dieses Jahres im 101. Lebensjahr verstorben.

Im Mai haben dann die drei Töchter des Ehepaars Jägerstätter Anträge auf die Einmalzahlung als Waisen nach NS-Opfern gestellt. Höhe der Entschädigung: 2000 Euro. Bei ihrem Antrag sei es freilich gar nicht so sehr um die konkrete Summe gegangen, eher schon ums Symbol, sagt Tochter Maria im Standard-Gespräch.

Die Richtlinie der Opferfürsorgekommission beim Sozialministerium für diese Zahlung stammt vom September 2012. Darin wird der Bezieherkreis auf Opfer der Euthanasie und auf Opfer der NS-Militärjustiz ausgedehnt - vorausgesetzt, die Waisen selbst hätten bisher keine Bezüge nach dem Opferfürsorgegesetz bezogen.

Antrag abgelehnt

Das Sozialministerium reagierte rasch. Das dem Standard vorliegende Ablehnungsschreiben wurde am 23. Juli unterfertigt. Als Begründung für die Ablehnung der Entschädigung wird beispielsweise angeführt, dass die Voraussetzungen nicht gegeben wären, da Mutter Franziska Jägerstätter "nach dem Opferfürsorgegesetz anerkannt wird und Opferfürsorgeleistungen erhalten hat."

"Das widerspricht komplett der Richtlinie des Ministeriums", ärgert sich Harald Grünn, Bundesvorsitzender des KZ-Verbandes. Außerdem sei die Begründung auch historisch nicht haltbar. Die Töchter Jägerstätters hätten nur eine Kriegsopferrente bekommen, und der Witwe sei der Opferstatus 1947 entzogen worden und erst 1950 wieder zuerkannt worden.

Dann habe sie eine kleine Opferrente bis Anfang der 1970er-Jahre erhalten. Zuletzt habe sie ab 2004 Zuwendungen nach dem Opferfürsorgegesetz erhalten. Der KZ-Verband hat sich jedenfalls der Causa angenommen und in der Opferfürsorgekommission Einspruch gegen die Ablehnung erhoben - vorerst ergebnislos. Wohl mit Rücksicht auf die Nationalratswahlen im September sei die Causa auf Dezember verschoben worden, sagt der Chef des KZ-Verbandes Harald Grünn.

Aus seiner Sicht gehe es politisch freilich um mehr. Viele Waisen nach NS-Opfern seien 1945 unter "widrigsten Bedingungen" ins Leben gestartet. Materielle Not und Anfeindungen hätten ihr Leben bestimmt. Grünn verlangt, dass allen wenigstens eine symbolische Einmalzahlung zukommen müsse.

Am Budget könne es jedenfalls nicht liegen. Laut Schätzung des KZ-Verbandes seien bestenfalls noch eintausend dieser Waisen am Leben.

Steuerfreibeträge

Verweigerte Einmalzahlungen wie im Fall der Töchter Franz und Franziska Jägerstätters seien laut Grünn freilich nicht das einzige Beispiel, wie die Republik mit den Opfern des Nazi-Terrors umgeht. So sei etwa der Steuerfreibetrag für Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus in der Höhe von 801 Euro zuletzt im Jahr 1986 valorisiert worden.

Grünn fordert eine umgehen- de Erhöhung des jährlichen Freibetrages um 400 Euro. Dieser müsse dann an den ASVG-Index gekoppelt werden. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 27.11.2013)