München - Die bei dem Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt beschlagnahmte Kunstsammlung ist nach Einschätzung eines deutschen Auktionshauses viel weniger wert als ursprünglich angenommen. Er schätze den Wert der mehr als 1400 Werke, von denen der größte Teil Papierarbeiten seien, auf bis zu 30 Millionen Euro, sagte der Münchner Auktionshauschef Robert Ketterer am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. In Medien war über einen Wert von mehr als einer Milliarde Euro spekuliert worden.

Die Behörden hatten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bei Gurlitt bereits im Frühjahr 2012 fast 1300 ungerahmte und rund 120 gerahmte Bilder beschlagnahmt. Darunter sind Werke von Picasso, Chagall, Marc, Matisse, Dix, Kokoschka und Liebermann. Bislang sind knapp 120 Bilder bei der Datenbank Lostart eingestellt worden. Bei rund 590 Werken wird geprüft, ob es sich um Nazi-Raubkunst handelt, die früheren zumeist jüdischen Eigentümern weggenommen wurde.

Unverständnis über langsames Vorgehen

Unverständnis äußerte Ketterer darüber, wie lange es dauere, die Werke zu identifizieren und zu veröffentlichen. Er könne mit einem Team von vier Personen in weniger als fünf Wochen sämtliche Bilder katalogisieren, Vorder- und Rückseiten druckfähig fotografieren und sogar einen Katalog daraus herstellen, sagte Ketterer. "Das ist bei uns ganz normaler Tagesstandard." Auch für die Provenienzrecherche gebe es ausreichend technische Mittel und Datenbanken, um sie rasch voranzutreiben.

Wuppertaler Museum fordert Werke zurück

Indes fordert das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum als eines der ersten Museen möglichen früheren Besitz aus der Sammlung des Kunsthändlersohns Cornelius Gurlitt zurück. Das Museum habe einen Brief an die zuständige Staatsanwaltschaft in Augsburg geschrieben, sagte Museumsdirektor Gerhard Finckh.

Er habe dem Brief eine Liste mit rund 500 Werken beigefügt, die die Nationalsozialisten 1937 im Zuge der Aktion "Entartete Kunst" in den Vorläuferinstitutionen des Von-der-Heydt-Museums beschlagnahmt hatten. Dies waren die Kunstvereine Barmen und der Museumsverein Elberfeld, die 1947 mit ihren Sammlungen fusioniert wurden. "Sofern davon Werke in der Sammlung Gurlitts sind, wollen wir die zurückhaben", sagte Finckh.

Rechtsanspruck auf Rückgabe

Er begründete die Forderung damit, dass die Kunstvereine in Elberfeld und Barmen privat geführt worden seien und somit ein Rechtsanspruch auf die Rückgabe möglicher Werke bestehe. Bisher gilt die Rechtsauffassung, dass die 1937 in den Museen beschlagnahmten Kunst nicht zurückgefordert werden kann, weil die Konfiszierung durch das Einziehungsgesetz von 1938 legitimiert worden war. Dieses Gesetz wurde nach 1945 nicht aufgehoben.

1937 wurden aus dem Städtischen Museum Wuppertal, das aus dem Elberfelder Museumsverein hervorgegangen war, 56 Gemälde und mehr als 350 Arbeiten auf Papier beschlagnahmt. Aus dem Barmer Kunstverein wurden 85 Kunstwerke geholt. (APA, 27.11.2013)