Bild nicht mehr verfügbar.

Katja Kipping: "Riesige Exportüberschüsse, steigende Profite, sinkende Reallöhne, erodierende soziale Sicherheit, stockende Energiewende, das passt alles nicht zusammen"

Foto: REUTERS/Alex Domanski

Berlin - Die deutsche Opposition wirft der großen Koalition Täuschungsmanöver bei der Finanzierung der anvisierten milliardenschweren Ausgaben vor. Union und SPD planten Maßnahmen im Umfang von 23 Milliarden Euro, wollten bis 2015 einen ausgeglichenen Haushalt und schlössen gleichzeitig Steuererhöhungen aus, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi am Mittwoch in Berlin. "Das ist Zauberei."

Auch der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter erklärte, die Bezahlung der Vorhaben stehe auf wackeligen Füßen. "Die Finanzierungsvorbehalte im Koalitionsvertrag scheinen nur ein Täuschungsmanöver zu sein." Er sagte voraus: "Um die sogenannten prioritären Projekte abzusichern, ist eine Diskussion um zusätzliche Schulden oder Steuern vorprogrammiert."

Aus Sicht der Linkspartei hat die SPD ihre Wahlversprechen nicht eingelöst. Der geplante Mindestlohn habe Schlupflöcher, Steuererhöhungen seien ausgeblieben, das Betreuungsgeld bleibe, die Energiewende stocke und die Pkw-Maut komme, sagte Parteichefin Katja Kipping. "Ein Politikwechsel, wie er von der SPD versprochen war, ist das auf keinen Fall." Zudem sei die vereinbarte Garantierente eine Frechheit, da sie in den neuen Bundesländern deutlich niedriger als in Westdeutschland ausfallen solle.

Hoffen auf SPD-Basis

Gegenüber dem STANDARD äußert Kipping "die minimale Hoffnung, dass die SPD-Basis zu diesem Vertrag Nein sagt." Das Problem sei, dass Linke und Grüne "gemeinsam keinen Untersuchungsausschuss, keine Enquetekommission und keine Sondersitzung des Bundestags durchsetzen können", man hoffe aber auf Fairness seitens der Koalitionsparteien.

Auch die Grünen kritisierten die von der SPD eingegangenen Kompromisse wie den Verzicht auf ein Klimaschutzgesetz. "Statt CO2-Emissionen wird nun der Ausbau der Erneuerbaren gedeckelt", sagte Hofreiter Reuters. Der Koalitionsvertrag komme einem Abschied von der Energiewende gleich. "Die internationale Vorreiterrolle im Klimaschutz ist damit endgültig passé." Die große Koalition verunsichere Investoren mit Prüfaufträgen und unklaren Klimaschutzzielen. "Und auch eine Kostenentlastung für Verbraucher ist nicht in Sicht."

Insgesamt seien nur wenige erfreuliche Verhandlungsergebnisse erkennbar, sagte Hofreiter. "Dazu zähle ich den Einstieg in den Mindestlohn und die - wenn auch zaghafte - Frauenquote für Aufsichtsräte." Insgesamt aber gehe die große Koalition die Zukunftsherausforderungen nicht an. "Sie ist eine Koalition der Prüfaufträge und Unklarheiten."

Scharfe Kritik übte der Grünen-Fraktionschef an den Plänen für Ermittlungsinstrumente der Sicherheitsbehörden: "Mit dem Wiedereinstieg in die Vorratsdatenspeicherung bedient sich die künftige Koalition eines NSA-mäßigen Totalüberwachungsinstruments." Damit würden alle Bürger unter Generalverdacht gestellt. (red/Reuters, 27.11.2013)