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Kaum im Nationalrat angelangt, ist LIF-Chefin Mlinar für Neos schon bereit zum Aufbruch nach Brüssel, denn: "Die Union ist eine politische Kulturleistung der Menschheit."

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Die erste Frontlinie im anstehenden EU-Wahlkampf tut sich auf - und zwar eine zwischen Grünen und Neos. Michel Reimon, scheidender Landtagsabgeordneter im Burgenland, nun Anwärter für den zweiten grünen Listenplatz, befindet sich bereits "voll im Konfrontationsmodus", wie er sagt. Als Globalisierungskritiker geißelt er den pinken Europa-Kurs als "radikal marktliberal". Was er Matthias Strolz, Angelika Mlinar und Co auch anlastet: dass sie bis vor kurzem die umstrittene EU-Grenzsicherungsagentur Frontex besser ausstatten wollten, während sich im Süden der Union Flüchtlingstragödien abspielen.

Anlass für die Sticheleien: Am Mittwoch hat Neos seine ersten Vorbereitungen für den Urnengang am 25. Mai getroffen - und gleich 14 Bewerbungen für die Spitzenkandidatur verkündet, die nach offenen Vorwahlen bis Anfang Februar entschieden werden soll. Als aussichtsreichste Anwärterin gilt LIF-Chefin Mlinar. Erklärtes Ziel: bei der EU-Wahl zwei Mandate zu machen.

Damit kommen die Grünen, die über zwei Sitze verfügen, unter Druck, denn: Im Nationalratswahlkampf hätten sie das Emporkommen des Politneulings "verschlafen", analysiert der Politologe Peter Filzmaier. Die Demoskopen errechneten am 29. September rasch, dass der Einzug von Neos ins Parlament vor allem der ÖVP und den Grünen Stimmen gekostet hat. Und diesmal, erklärt Experte Filzmaier, wollen Grün und Pink exakt die gleiche Wählergruppe ansprechen: Je höher das Einkommen und der formale Bildungsgrad, desto höher ist unter den Wahlberechtigten das Interesse an der EU sowie ihre Bereitschaft, an der Wahl teilzunehmen - und genau damit kalkulieren beide Parteien. "Die Grünen haben ein Problem, das zwar noch nicht so schlimm ist wie in den 1990er-Jahren mit dem LIF", konstatiert Filzmaier, aber er rät: "Sie müssen sich jetzt etwas einfallen lassen."

Kritik statt Kuschelkurs

Genau das hat auch Ulrike Lunacek vor, die erneut grüne Spitzenkandidatin werden soll und sonst als verbindlich im Ton gilt: "Strolz hat klargemacht, dass seine Neos im EU-Parlament mit der Liberalen Allianz kooperieren wollen - und die ist stets auf der Seite der Neoliberalen und der Großkonzerne", kritisiert sie. "Wir Grünen sind jedenfalls für ein sozialeres und ökologischeres Europa." In Anspielung auf Hans Peter Haselsteiner findet es Lunacek "problematisch", dass sich Neos "vom ehemaligen Chef eines Großkonzerns sponsern" lässt.

Wohl auch Hintergrund für Lunaceks harte Worte: Am Sonntag kürt die grüne Basis ihre Kandidaten für die EU-Wahl. Für den zweiten Listenplatz haben sich neben Reimon noch acht Personen beworben, darunter Madeleine Petrovic, abtretende Klubchefin im niederösterreichischen Landtag, und die Wienerin Monika Vana.

Ähnliche Grabenkämpfe zwischen den anderen Parteien sind jedenfalls nicht so bald zu erwarten, denn Rot und Schwarz haben sich, von den Koalitionsverhandlungen absorbiert, noch nicht festgelegt, wen sie in den EU-Wahlkampf schicken - hinter den Kulissen ringen sie zunächst darum, wer den EU-Kommissar stellen darf, sollte Johannes Hahn (ÖVP) doch nicht verlängert werden. In der SPÖ gilt es nach dem Rückzug von Hannes Swoboda als keine ausgemachte Sache, dass SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried den Frontmann machen darf. Als mögliche Alternative wird die EU-Abgeordnete Evelyn Regner ventiliert. ÖVP-intern angeblich wieder umstritten: ob Othmar Karas den schwarzen Spitzenkandidaten geben soll.

Dass die FPÖ an einem Bündnis mit Europas äußerst rechten Parteien bastelt, bis sie im Jänner klarstellt, wer neben ihrem langjährigen EU-Abgeordneten Andreas Mölzer wahlkämpft, schätzt Filzmaier als nicht gerade großen Clou ein, weil: "Ihre Klientel interessiert sich nicht besonders dafür, was die FPÖ im EU-Parlament konkret machen will."

Und zum Team Stronach meint der Experte nur: "Es wäre gut beraten, die EU-Wahl auszulassen - um sich intern neu zu ordnen." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 28.11.2013)