Wien - Nicht nur bei Mezzanin, sondern auch in der Galerie Krinzinger regiert derzeit das System Stadt und sein Verkehr: Bei Chris Burden sind es eher die Megalopolen, imaginäre Städte, denen er in den kinetischen Skulpturen Metropolis I (2004) und der noch eine Potenz größeren Metropolis II (2011) fixe Denkmäler setzte: In einem Stahlträgerraster ist ein ausgeklügeltes System aus Bahngleisen und 18 Straßenzügen - inklusive sechsspuriger Autobahn - eingewoben. Mit abenteuerlicher Geschwindigkeit heizen horrende Mengen Matchboxautos durchs dichte Netzwerk und erzeugen die Atmosphäre "einer dynamischen, aktiven und trubeligen Stadt des 21. Jahrhunderts" (Burden).
In der Galerie kann man in das Wuseln allerdings nur per Video eintauchen; die echte Installation, die 2012 im Los Angeles County Museum of Art zu sehen war, würde die Dimensionen der Galerie sprengen. Aber leider sind Skizzen und das sich in Andeutungen erschöpfende Modell nur ein fader Abklatsch von Burdens lärmender Utopie. Hatte der Künstler 1992 einen von Straßen umwundenen Planeten (Medusa's Flying Moon) realisiert, erinnert die Gigantomanie der Metropolis-Projekte an eine noch frühere Installation: A Tale of Two Cities (1981) inszenierte unter Zuhilfenahme von 5000 amerikanischen Kriegsspielzeugen zwei Wüstenstädte im Krieg - eine Arbeit mit deutlicherem gesellschaftskritischem Unterton.
Seit 1997 baut Burden riesige Brückenmodelle (etwa Nachbauten real existierender wie der Tower-Bridge oder Fantasie-Konstruktionen) aus Modulen, die Spielzeugbausätzen nachempfunden sind. Auch diese drücken sein Interesse an hochentwickelten Zivilisationen aus, weshalb schwer nachzuvollziehen ist, warum er eher verlassen in den Hügeln Südkaliforniens wohnt, ein Umstand, dem seine Serie Coyote Stories Rechnung trägt.
Technikbegeisterung wie auch Ausstellungsfläche teilt Burden mit Gottfried Bechtold. Die perfekte Verbindung hätte sich durch Burdens Installation Porsche with Meteorite (2013) ergeben, in der sich die Objekte zueinander wie zwei Waagschalen verhalten. Bechtold hat den Fetischflitzer nicht nur mit Beton ausgegossen, sondern in Panamera ebendieses Modell mit Bronzescheiben und -lichtern versehen. Steuern könnte man das blinde Auto noch immer: Videokameras ersetzen den direkten Blick auf die Straße. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 28.11.2013)