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Es gibt einfach nicht genug Kaffee, geschweige denn guten. Das ist ein weltweites Problem in allen kaffeeexportierenden Ländern.

Foto: Reuters/Doce

Roba Bulga schwenkt die dicke braune Flüssigkeit in seiner Espresso-Tasse, er hält sie ein wenig schief und prüft den Teint, steckt seine Nase hinein, riecht. Dann nimmt er einen kräftigen Schluck - und nickt zufrieden. "Schon viel besser", sagt er. Bulga ist der Gründer von Slow Food Äthiopien. Eine seiner Aufgaben: den Kaffee in dem Land zu verbessern. Mit einigen Kaffeehäusern in Addis Abeba, der Hauptstadt des Landes, ist er schon recht zufrieden.

Äthiopien gilt als das Mutterland des Kaffees. In seiner Provinz Kaffa wurde die Bohne angeblich im 9. Jahrhundert entdeckt, bevor sie über arabische Händler (siehe: Arabica-Kaffee) im 14. Jahrhundert die Welt eroberte. Der Kaffee ist in Äthiopien heute noch das, was der Tee in China ist: allgegenwärtig. Er wird mindestens dreimal am Tag getrunken, und kein Restaurant, keine Hausfrau, die nicht für Gäste jederzeit die traditionelle Kaffeezeremonie abhalten würde. Aus dem Land kommen immer noch einige der besten Bohnen der Welt. Doch während Baristas von Sydney bis New York daraus Köstlichkeiten brauen, einmal seine fruchtigen Heidelbeer-Noten betonen, mal mit den Schoko-Aromen spielen, ist es in Äthiopien traurig bestellt um der Bohne Endprodukt: Der Kaffee schmeckt hier fast überall abscheulich.

In dem Land ist es nämlich per Gesetz verboten, guten Kaffee zu verkaufen: Alle Bohnen der ersten Güteklasse müssen in den Export gehen, weil Kaffee Äthiopiens wichtigste Handelsware ist: 18 Prozent der Staatseinnahmen stammen aus dem Kaffeegeschäft. Für die hiesigen Röster, die immerhin noch 51 Prozent der Gesamtproduktion verarbeiten, bleibt nur die Ausschussware. Zudem werden traditionell 99 Prozent der Bohnen grün exportiert. Das Know-how, wie aus der rohen Bohne eine gut geröstete wird, fehlt daher völlig - genauso wie die Technik. Die minderwertigen Bohnen werden meist in alten Maschinen oder über offenem Feuer mehr eingeäschert als geröstet.

"Es gibt hier einfach nicht genug Kaffee, geschweige denn guten. Das ist ein weltweites Problem in allen kaffeeexportierenden Ländern", sagt Minilik Andale, Präsident der äthiopischen Kaffeeröster-Vereinigung. "Viele Kaffeehäuser hier strecken ihre Ware daher, etwa mit Weizenschrot." Dabei könnten ein besseres Gebräu und bessere Bohnen armen Staaten deutlich mehr Geld bringen. Adale und Slow-Food-Mann Bulga haben daher eine Qualitätsoffensive gestartet.

Unterschiede im Preis

Während der Preis für Rohkaffee in den vergangenen zwei Jahren um fast ein Drittel gesunken ist, hat sich der für gerösteten Kaffee kaum verändert. Und generell gibt es für die gebräunte Bohne 200 Prozent mehr Geld als für die grüne. Allein: "Die klassischen Kaffeeimporteure sind nicht daran interessiert, geröstete Bohnen hier zu kaufen, weil sie ihre eigene Röstindustrie haben", sagt Andale.

Deutschland, wo die größte Rösterei der Welt steht, oder Italien werden wohl in absehbarer Zeit weiterhin nur Rohkaffee importieren. Anders sieht es aber mit den neuen Märkten aus. "Die Chinesen kommen gerade erst auf den Geschmack", sagt Andale, und auch die Araber würden immer mehr Kaffee importieren - eine Chance für Äthiopiens Röster.

Erste Erfolge

"Das größte Problem ist die mangelnde Ausbildung, vom Bauern bis zum Röster", sagt Andale. Regelmäßig fährt Andale bereits nach Italien oder in die USA, um dort bei Slow-Food-Röstern Kurse im Kaffeebräunen zu absolvieren, oder er trifft sich mit ausländischen Technikern, die ihm bei der Verbesserung seiner Röstmaschine helfen. In Äthiopien hält er Workshops ab und versucht sein Wissen weiterzugeben. Wer bei ihm kauft, bekommt nur ganze Bohnen, keine gemahlenen - und auch davon nicht mehr, als er in ein, zwei Wochen verkaufen kann. So will Andale sicherstellen, dass seine Kundschaft stets mit frischer Ware handelt - und das Qualitätsbewusstsein bei Röstern und Kaffeetrinkern steigt. Die Bemühungen zeigen erste Erfolge: Bereits 100 Kaffeehäuser der Hauptstadt kaufen bei ihm ein.

Andale sichert sich seit einiger Zeit per Trick für sein eigenes Kaffeehaus Bohnen der obersten Güteklasse: Er verkauft sie an italienische Händler, die dann einige Säcke bei ihm im Lager "vergessen" . So bekommt er auch sein Top-Produkt - wilden Kaffee aus Harenna, für den Bulga eine eigene Kooperative gegründet hat. Diese röstet er anschließend in seinen selbst entworfenen Maschinen - um Übung zu bekommen - und seinen Landsleuten zu zeigen, was für guten Kaffee sie eigentlich erzeugen. (Tobias Müller, DER STANDARD, 4.12.2013)