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"Die Faszination am Fotografieren ist ja, mit der Kamera etwas kreativ umzusetzen, das man mit den Augen sieht."

Foto: APA

Das Leben ist ein Hund: Erst bietet es einem zahlreiche bunte, farbenfrohe Momente, doch die sind oft so schnell wieder vorbei, wie sie gekommen sind. Den Augenblick festzuhalten, in Wort oder Bild, ist also seit jeher das Bestreben des Menschen. Waren früher Aquarelle und analoge Fotografie das Mittel der Wahl, ist es heute die digitale Fotografie, die Situationen bannt und so auf ewig konserviert.

Kreative Bildkomposition und technische Rafinesse

Rund drei Stunden wenden die Österreicherinnen und Österreicher pro Woche für künstlerische Hobbies auf, hat die Statistik Austria erhoben. Eine von ihnen ist Carola Schwalm, Hobbyfotografin und Organisatorin des zweiwöchentlich stattfindenden Vienna-Foto-Walks. Sie macht sich mehrmals die Woche auf Motivsuche, die Digitalkamera immer im Anschlag. "Die Faszination am Fotografieren ist ja, mit der Kamera etwas kreativ umzusetzen, das man mit den Augen sieht", erzählt sie im Gespräch mit derStandard.at.

Nicht immer ein leichtes Unterfangen: "Der Lichteinfall durch das Kameraobjektiv ist ein sehr spezieller. Unser Auge kann alles, was wir sehen, scharf stellen, die Kamera fokussiert aber auf einen bestimmten Punkt." Anders als beim normalen Blick will ein Bild komponiert werden, stellt die Hobbyfotografin klar: "Wenn man durch den Prater geht, sieht man vielleicht den schönen Lichteinfall durch die Blätter oder Leute, die nett herbstlich angezogen sind. Um das mit der Kamera festzuhalten, muss man sich auf andere Dinge konzentrieren, etwa welche Einstellung man wählt und aus welchem Blickwinkel man fotografiert. Wenn man einfach so drauflos schießt, sind viele Fotos langweilig."

Markus Hippmann, Leiter der Wiener Fotoschule, kennt die Anfängerfehler, die selbst den begeistertsten aller Hobbyfotografen unterlaufen. "Oft ist das Bild zu hell oder zu dunkel, oder es verwackelt." In seinen Anfängerkursen lernen Hobbyfotografen, technische Probleme auszumerzen. "Wir zeigen den Leuten, was sie alles aus ihrem Gerät rausholen können. Was sind die wichtigsten Funktionen, und was sollte ich selber einstellen?" Vom Schüler bis zur Pensionistin sind alle Altersstufen in den Kursen vertreten. "Die technische Seite zieht schon mal viele Leute an, und dann gibt es noch die kreative Komponente. Die ist sehr breitenwirksam."

Auf der Suche nach dem perfekten Motiv

Auch im Internet erfreut sich die gemeinsame Lust am Fotografieren großer Beliebtheit. Auf Fotocommunities wie flickr, pinterest oder deviantart werden eigene Bilder präsentiert, andere Fotos kommentiert oder Wettbewerbe zu bestimmten Themen ausgetragen. Beliebt ist das "365 project", wo mittlerweile mehr als 130.000 Mitglieder täglich ein Foto aus ihrem Leben uploaden und so ein digitales Tagebuch kreieren. In der flickr-Gruppe "100 strangers" wiederum werden Hobbyfotografen aufgefordert, 100 fremde Menschen zu portraitieren, und beim "project 52" gibt es wöchentlich ein neues Thema, dem es mittels digitaler Fotografie Leben einzuhauchen gilt.

Der Fotomarathon findet jährlich in Wien und Graz statt und lockt bis zu 1.500 Fotobegeisterte an. Die Aufgaben reichen von "geradlinig" über "typisch Wien(erisch)" bis hin zu "stromlos" und "genervt" und müssen innerhalb von 12 Stunden in angegebener Reihenfolge fotografiert werden. Trotz der Anstrengung sind die Teilnehmer begeistert von der Aufgabe: "Ich liebe dieses Event" erzählt eine Teilnehmerin des letzten Wiener Fotomarathons. "Es ist jedes Mal wie ein Wellnesstrip. Der Kopf ist frei vom Alltag, das Auge offen. Viele Stunden frische Luft und müde Beine machen auf jedes Foto stolz." Die kreativen Herausforderungen setzen auch einen Lernprozess in Gang, erklärt Carola Schwalm: "Man wächst mit der Aufgabe, weil man zunächst ja erst mal rausfinden muss, wie man das macht. Die meisten Hobbyfotografen wollen ihr Motiv so perfekt wie möglich einfangen."

Vom iPhone zur digitalen Spigelreflexkamera

Wer mit den Begriffen goldener Schnitt, ISO-Einstellung und rule of third nichts anfangen kann, kann sich im Fachhandel beraten lassen. Seit 40 Jahren verrät Gerhard Heyduk, Geschäftsführer von United Camera Wien, Hobbyfotografen die Geheimnisse gelungener Fotos. "Viele kommen übers Smartphone zum Fotografieren. Dann steigen sie auf eine ordentliche Kamera um und kommen damit zu uns, weil sie wissen wollen, wie sie das Gerät richtig bedienen", erzählt Heyduk.

Rund 700 Euro geben ambitionierte Anfänger und Freizeitfotografen für ihre Ausrüstung aus, sagt Heyduk. Eine gelungene Anfängerausrüstung besteht für den Wiener aus Kamera, Objektiv, zweitem Akku, Vorsatzfilter und einem Stativ: "Gerade für die Nachtfotografie ist das notwendig, weil man lange Belichtungszeiten hat und die Aufnahmen sonst verwackeln." Für den Anfang rät er Hobbyknipsern, sich zu überlegen, was sie mit ihrer Kamera festhalten möchten. "Wenn jemand viel Events fotografiert, ist eine gute Bildstärke notwendig, wer Blümchen im Garten abbilden will, braucht ein ordentliches Makro-Objektiv."

Die Faszination der Fotografie hat er sich selbst nach 40 Berufsjahren erhalten: "Man kann sich ohne viel Vorarbeit unheimlich kreativ ausdrücken und seine Welt in Bildern jemandem anderen mitteilen." Zudem sei das Medium Fotografie unheimlich individuell: "Wenn Sie zehn Leute ein altes Haustor fotografieren lassen, kriegen Sie zehn verschiedene Fotos mit zehn verschiedenen Schwerpunkten. Das ist das Spannende daran: Jedes Bild ist ein Unikat." (Barbara Oberrauter, derStandard.at 28.11.2013)