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Einer von vielen Windparks in der Nordsee. Riffgat fehlt, was andere haben: ein durchgängiges Seekabel zum Festland.

Foto: Reuters/Bimmer

Berlin/Wien - Es gibt Sachen, die sind an Skurrilität kaum zu überbieten. Riffgat ist so ein Beispiel. Der Name steht für einen Windpark 15 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum, mitten in der Nordsee. Er wurde nach 14-monatiger Bauzeit im August dieses Jahres eingeweiht. Weil das niederländische Unternehmen Tennet, das für das Übertragungsnetz in der Region zuständig ist, mit der Verlegung des Seekabels in Verzug ist, kann der Windpark bis auf Weiteres keinen Strom produzieren - im Gegenteil. Der Offshore-Windpark braucht Strom.

Die Anlage darf nämlich nicht stillstehen. Die Motoren müssen regelmäßig laufen, sonst würden sie in der salzigen Seeluft ziemlich schnell Rost ansetzen. Den notwendigen Strom liefert ein Generator, der pro Monat rund 22.000 Liter Diesel verbraucht. Und das möglicherweise noch 2,5 Monate lang. Erst Mitte Februar 2014 könnte der Anschluss des Windparks an das Stromnetz fertig sein.

Das erinnert ein wenig an die Fahrt eines Westösterreichers über die Parndorfer Platte im Burgenland. Die vielen sich drehenden Windräder vor Augen ruft er entsetzt: "Was das Strom braucht!"

Anpassungsbedarf relativ klein

So schlimm ist es nicht. Die Windräder im Burgenland benötigen zwar Energie, wenn sie bei wenig Wind aus dem Stillstand in Drehung gebracht werden. Das ist vernachlässigbar. Vergleichsweise klein ist auch der Anpassungsbedarf in Österreich, was die Adaptierung des Ökostromgesetzes an neue Marktgegebenheiten betrifft. Zumindest dann, wenn man nach Deutschland blickt.

Dort ist Feuer am Dach. Während ein Durchschnittshaushalt in Österreich über die Stromrechnung rund 65 Euro pro Jahr für Ökostrom zahlen muss, sind es in Deutschland 230 Euro - Tendenz steigend. Grund: Erneuerbare Energie kann in Deutschland ohne Deckel produziert werden. Der Anteil von Strom aus Wind und Sonne ist zwar sprunghaft gestiegen, aber eben auch die Kosten.

In Österreich ist die Fördersumme für Neuanlagen mit 40 Millionen Euro pro Jahr limitiert; Geld gibt es 13 (Deutschland: 20) Jahre.

Gesetzes-Reform

Während in Deutschland zu Energie ein zwölfseitiges Papier erarbeitet wurde, sind es in Österreich schmale 1,5 Seiten - wohl der kleinste, gemeinsame Nenner, auf den man sich einigen konnte. In Deutschland wird "eine schnelle und grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)" angestrebt, wobei sich die Koalition verpflichtet, Ergebnisse "bis Ostern 2014" vorzulegen mit dem Ziel einer Verabschiedung noch im Sommer.

In dem 1,5-Seiten-Papier von SPÖ und ÖVP ist von einer "Reform des Ökostromförderregimes" die Rede. Bei den Details will man offenbar warten, in welche Richtung Deutschland marschiert.

Einen Schildbürgerstreich wie den Offshore-Windpark ohne Anschluss (siehe oben) jedenfalls kann und wird man in Österreich nie sehen. Dazu fehlt das Meer. (Günther Strobl, DER STANDARD, 29.11.2013)