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Ein japanischer Helikopter startet vom Deck der USS George Washington. Die USA und Japan hielten dieser Tage ein gemeinsames Manöver in der Nähe der Krisenzone ab. 

Foto: Reuters

Chinas Militär zeigt Muskeln, verfolgt und konfrontiert Kampflugzeuge der USA und Japans über dem Ostchinesischen Meer. Peking hat am Freitag zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden Militärjets mobilisiert, um zu zeigen, dass man es mit der Überwachung seiner neu abgesteckten Flugabwehrzone ernst meint.

Die chinesische Luftwaffe zählte unter Berufung auf Luftwaffensprecher Shen Jinke Freitagabend zehn ausländische Militärmaschinen auf, die am Morgen von Chinas Luftwaffe geortet und überwacht worden seien. Die Luftwaffe erhöhte die Alarmbereitschaft.

Zuvor hatte es noch so ausgesehen, als ob sich nach den schrillen Tönen der letzten Tage alle Beteiligten in vorsichtiger Schadensbegrenzung üben wollten. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe versprach "Ruhe".

Peking ermahnt

Die USA vereinbarten für Mittwoch und Donnerstag Gespräche ihres Vizepräsidenten Joe Biden mit Pekings Führung. Und EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton mahnte Peking, die Spannungen nicht zu erhöhen.

Auch auf chinesischer Seite hatte es Signale gegeben, nicht mehr so forsch vorzupreschen. Die spektakuläre Fahrt des Flugzeugträgers Liaoning endete nach Durchquerung der Taiwanstraße im Marinehafen Sanya. Im Staatsfernsehen verkündete ihr Kommandant: "Unsere Trainingsfahrt ist erfolgreich abgeschlossen."

In scheinbarem Entgegenkommen hatte Peking zuvor Tokio Verhandlungen über einen Krisenmechanismus angeboten. Unfälle zwischen Militärfliegern beider Länder über territorial umstrittenen Gebieten - besonders über den von Japan verwalteten Senkaku-Inseln, die China unter dem Namen Diaoyu beansprucht - dürften nicht zu brenzligen Kettenreaktionen führen, hieß es.

Heikles Thema Luftraum

Der ehemalige chinesische Außenminister Tang Jiaxuan, Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft mit Japan, verwies auf laufende Verhandlungen beider Länder zur maritimen Sicherheit. Aus aktuellem Anlass solle man das Thema Luftsicherheit aufnehmen. Tang verteidigte Chinas "Identifikationszone zur Luftverteidigung" (ADIZ) als gerechtfertigt. Japan ignorierte seinen Vorschlag. Tokio befürchtet, dass Peking seiner neuen Luftkontrollzone durch solche Verhandlungen bloß Legitimität verschaffen will. Der Lockruf an Tokio, einen "bilateralen Luftverkehrskontrollmechanismus" zu schaffen, passe zur langfristigen Strategie Pekings. Es wolle damit die Kontrolle Japans über die Inseln untergraben.

Tiefes Misstrauen und Verdächtigungen prägen das Verhältnis der ganzen Region zu China. Selbst Australien schloss sich der Kritik von Japan, USA und Südkorea an. Diese drei Verbündeten flogen mit ihren Militärmaschinen unangemeldet durch das von China demarkierte Gebiet. Peking ließ daraufhin mehrere Kampfjets sowie einen Radarfrühwarn-Flieger aufsteigen, und die Luftwaffe kündigte Alarmbereitschaft an. Doch der Sprecher des Außenministeriums Qin Gang wiegelte am Freitag ab: Es gebe keine Krise. Chinas Luftwaffe stehe immer "in Alarmbereitschaft, um das Land zu schützen." Er verwahrte sich gegen Kritik: "Warum dürfen Europäer Kontrollzonen unterhalten, aber nicht China?" Brüssel solle "objektiv und gerecht urteilen". Japan dürfte ein "Feuer entfachen, aber China nicht einmal eine Lampe anzünden".

China soll Lehre erteilen

Chinas Öffentlichkeit wird ein geteiltes Bild vermittelt. Die Schadensbegrenzung wirkt halbherzig, Parteizeitungen wie Renmin Ribao korrigierten etwa am Freitag in einem ganzseitigen Artikel "Missverständnisse". Der von China ausgerufene Kontrollbereich sei weder eine hoheitliche Zone noch ein "Sperrbereich" für Flugzeuge anderer Länder. Die nationalistische Global Times stimmte ganz andere Töne an und riet der KP-Führung, eine Politik zu verfolgen, Chinas vereinte Gegner auseinanderzudividieren. Sie solle die USA, Australien und Südkorea "schonend" zurückweisen. Ein unsignierter Leitartikel forderte hetzerisch auf, "mit Japan einen langwierigen und zermürbenden Krieg zu führen." China solle Japan eine Lehre erteilen.

Der Leitartikel verlangt von Peking in der Frage der Kontrollzone, unnachgiebig Chinas Interessen zu verfolgen. "Wir dürfen keine Angst haben, wenn es dabei zu Luftzwischenfällen kommt." Sie würden bloß Japan zum Nachgeben und zur Bereitschaft zwingen, mit China über die Diaoyu-Inseln zu verhandeln und zu einer Übereinkunft zu kommen. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 30.11.2013)