Statt den neuesten Angeboten und feierlich glitzernden Must-Haves sind in Schaufenstern in Wien derzeit Flüchtlingsschicksale zu betrachten. Im Feiertags- und Einkaufstaumel der Mariahilferstraße bietet eine lange Tafel Möglichkeiten zum Austausch zwischen Passanten, Einkaufenden und Flüchtlingen.

Im weißen Hemd des Flüchtlingsaktivisten Khan Adalat spiegelt sich die gleißende Neon-Werbung des gegenüberliegenden Geschäfts, hinter brotbrechenden Diskutanten prangt das gelblich leuchtende McDonald’s-M. Die Künstlergruppe "Last! Supper." lässt durch ihre Installationen im öffentlichen Raum unaufdringlich neue Bedeutungszusammenhänge entstehen die im Dreieck Kunst-Politik-Alltag schillern.

Foto: Johannes Raimann

Beim gemeinsamen Abendmahl auf der Mariahilferstraße luden "Last! Supper." die Passanten ein, sich dabei zu fotografieren, wie ihnen tatsächlich und sprichwörtlich "der Spiegel vorgehalten wird". Die Menschen waren zunächst aber verwundert, dass wir ihnen wirklich nichts verkaufen oder andrehen wollten", erzählt Johannes Raimann.

Niederschweliger Zugang 

Auslöser für den Wunsch, Flüchtlingen auch durch Kunst eine Stimme zu verleihen, waren laut Kuratorin Sini Coreth Abschiebungen während des Hungerstreiks der Flüchtlinge und zur Fastenzeit Ramadan. "Das Flüchtlingsproblem ist die Zukunft. Es wird nicht plötzlich verschwinden, vermutlich wird es demnächst global zu noch stärkeren Spannungen kommen. Das geht uns alle etwas an", so Coreth. Gemeinsam mit Fotograf Johannes Raimann und Filmemacher Dominic Spitaler konzipierten sie "Last! Supper.", das die Flüchtlingsthematik niederschwellig einem breiten Publikum nahelegen möchte.

 

Die Interviews mit den Flüchtlingen aus der Refugeebewegung wurde bisher unter anderem auch in der Lainzer Konzilsgedenkkirche, in den Auslagen des Studio Steinbrenner&Dempf sowie des Kulturraums Neruda gezeigt.

"Mit Kunst kann man vielleicht auch andere Bevölkerungsschichten - die konservative Schiene etwa - erreichen und für die Flüchtlingsthematik sensibilisieren als beispielsweise mit Demonstrationen", meint Spitaler. "Kunst ist nämlich kein Angriff. Kunst ist immer ein Anstoß. Die Flüchtlingsthematik wird in den Medien aggressiv verhandelt - so entsteht bei vielen Menschen automatisch eine Abwehrhandlung." Wenn man sich gemeinsam an einen Tisch setzt, ein Gespräch auf Augenhöhe führt oder einfach den Geschichten der Menschen in Ruhe lauscht, dann könnten Dämme ab- und Brücken -gebaut werden - so ein Impuls hinter "Last! Supper.".

Sini Coreth, Johannes Raimann, Khan Adalat, Dominic Spitaler und Patryk Senwicki (v.l.n.r.) teilen sich zwei Falafeln. (Foto: Lisbeth Kovačić)

Aber haben wir hier nicht einen typischen Fall von "you need a white person to tell a coloured person’s story"? Immerhin ist das Künstlerkollektiv selbst eher homogen und aus einem bürgerlichen Milieu. Müssen Flüchtlinge also immer auf die Gunst anderer warten und vertrauen, um einen Platz in der Öffentlichkeit und Gehör zu bekommen? "Wir haben uns sehr bemüht, uns selbst dabei herauszunehmen. Es geht darum, den Flüchtlingen eine Plattform zu geben und ihre Botschaft zu verbreiten", meint Coreth dazu.

Flüchtlingsaktivist Khan Adalat ist jedenfalls dankbar für jede Unterstützung und jeden Kanal der die Anliegen der Flüchtlinge verbreitet. Adalat ist medialer Ansprechpartner und einer der Flüchtlinge aus dem Refugee-Protest in Wien, mit denen "Last. Supper!" im Servitenkloster Interviews geführt haben. Er wird nie müde, seine Anliegen zu präsentieren, für sie zu kämpfen und seine Geschichte zu teilen. "I just am tired with the system, that’s all." (Olja Alvir, daStandard.at, 03.12.2013)