Im Arlberggebiet liegt derzeit Schnee. Aber so sieht es im Sommer in Lech aus. Die bunten Blumenwiesen sind bei geplanten Kürzungen von Agrarförderungen bedroht, sagen Umweltschützer.

Foto: Grabher

Wien - Wem das Herz voll ist, dem geht der Mund zuweilen über. "Bei ökologisch wertvollen Wiesen in Österreich ist durch die intensive Landwirtschaft schon viel verlorengegangen", sagt der vielfach ausgezeichnete Ökologe und Botaniker Georg Grabherr im Standard-Gespräch. "Aber jetzt befürchte ich das Schlimmste."

Grabherr beschäftigt sich wissen- und auch leidenschaftlich mit Wiesen aller Art. 2002 hat er die politisch unterstützte Vorarlberger Wiesenmeisterschaft initiiert, die besonders artenreiche Weideflächen, sanft genutzte Feucht- oder Magerwiesen und also eine nachhaltige Landwirtschaft von Bauern prämiert. Pläne des Lebensministeriums, die Agrarförderung der extensiv genutzten und also nur ein- bis zweimal pro Jahr gemähten Blumenwiesen dramatisch zu kürzen, haben Grabherr dazu bewogen, gemeinsam mit zahlreichen Naturschutzorganisationen eine Internetpetition zu starten. "Aus biologisch-ökologischer Sicht sind artenreiche Blumenwiesen und Almen mindestens so wichtig wie ein Liter Milch", sagt Grabherr.

Bei den laufenden Koalitionsverhandlungen ist auch die Umsetzung der EU-Agrarförderung von 2014 bis 2020 Thema. Bisher bekamen Landwirte die sogenannte "Betriebsprämie" von durchschnittlich 300 Euro pro Hektar ausbezahlt, egal ob die Wiesenfläche intensiv oder extensiv bewirtschaftet wurde. Der aktuelle Entwurf des Ministeriums sieht aber vor, dass die Prämie für nur ein- bis zweimal pro Saison gemähte Wiesen und Almen nur noch ein Viertel davon beträgt.

Soll heißen: Für intensiv bewirtschaftete, gedüngte, artenarme und mehrfach pro Jahr gemähte Wiesen bekommen Bauern wie bisher rund 300 Euro pro Hektar. Für Blumenwiesen mit einer hohen biologischen Vielfalt und 50 oder mehr verschiedenen Blumen- und Pflanzenarten soll es nur noch 75 Euro geben.

Tourismuswerbung

Der Druck auf ökologisch wertvolle Kulturlandschaft wird dadurch immer größer, sagt Grabherr. "Es wird voll auf Produktionssteigerung gesetzt." Monotones Grün ist auf dem Vormarsch. Dabei würden Bauern mit extensiven Wiesen vielfältige Flächen für die Zukunft erhalten. "Mit den Blumen- und Orchideenwiesen auf den Almen wirbt auch der Tourismus. Das sind bunte Wiesenflächen, die wir attraktiv finden. Nur: Irgendwann sind diese Blumenwiesen nicht mehr da."

Viele Bauern müssten dem finanziellen Druck nachgeben und auf intensive Bewirtschaftung oder Äcker umstellen. Landwirt August Massak aus dem oberösterreichischen Grünburg (Bezirk Kirchdorf an der Krems) bewirtschaftet 90 Hektar - davon je ein Drittel extensiv, Ackerland sowie normales, gedüngtes Grünland. "Wenn die neue Betriebsprämie kommt, werde ich die Bewirtschaftung eines Großteils der extensiven Flächen wie Hutweiden und Streuwiesen aufgeben müssen. Das ist eine massive Schlechterstellung", bestätigt der 47-Jährige. Flächen in sehr steilem und schwierig zugänglichem Gelände seien sowieso mühsam zu bewirtschaften. "Da ist man auf diese Ausgleichszahlung angewiesen", sagt Massak. Wird sie massiv gekürzt, ist die Bergmahd nicht mehr rentabel.

Grabherr weist darauf hin, dass durch das neue Modell eher größere Landwirte bevorzugt würden, die ihre gedüngten Wiesen mehrmals pro Jahr mähen können. "Die Botschaft ist: Wenn man die Wiesen aufdüngt, kann man die dreifache Betriebsprämie bekommen", sagt Hans Uhl von BirdLife. Die Vogelschutzorganisation sieht dadurch auch die Brutplätze seltener Wiesenvögel wie Brachvogel, Uferschnepfe oder Braunkehlchen gefährdet. (David Krutzler, DER STANDARD, 5.12.2013)