Zaghaft, aber wahrnehmbar springt die Flamme über eine Verbotsdebatte auf Österreich über. Die ersten Talkshows und Titelseiten greifen die These von Alice Schwarzer auf, eine aufgeklärte Gesellschaft dürfe käuflichen Sex nicht tolerieren.

Schweden wird bei all diesen Diskussionen gerne als Vorbild herangezogen: Seit dem Verbot im Jahr 1999 sei Prostitution im Vergleich zu umliegenden Ländern "zumindest nicht mehr gestiegen", der Straßenstrich habe sich halbiert, heißt es in einer Regierungsstudie aus dem Jahr 2010. Rund 4800 Fälle von illegal gekauftem Sex wurden bis zum Jahr 2012 registriert, ins Gefängnis musste bisher kein Freier.

Für Aufregung sorgten im August die Recherchen des schwedischen Fernsehsenders SVT, dass alleine in Stockholm weiterhin jedes Jahr etwa 250.000-mal sexuelle Dienste gekauft würden - Wasser auf die Mühlen der Verbotsgegner, die argumentieren, dass vor allem illegale Prostitution im Internet floriert.

Menschenhandel und Zuhälterei verboten

Eva van Rahden von der Wiener Beratungsstelle Sophie steht einem Verbot in Österreich kritisch gegenüber. "Die ganze Debatte wird ideologisch geführt und vermischt ökonomischen Zwang mit dem Zwang durch körperliche und psychische Gewalt." Ihre Organisation fordert vielmehr rechtliche Besserstellung für Sexarbeiterinnen. Sie ist auch gegen die Freierbestrafung, wie am Mittwoch in Frankreich beschlossen. "Wir haben in diesem Jahr zwei Opfer von Menschenhandel betreut. Beide wurden von den Freiern zu uns gebracht", sagt van Rahden. "Die würden das bei Bestrafung wohl nicht mehr tun."

"Prostitution wird dadurch nicht verschwinden", meint Renate Blum vom Verein Lefö, wo die Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel angedockt ist. "Es braucht kein Verbot. Menschenhandel, Zuhälterei und Zwangsprostitution sind bereits als schwere Straftaten im Gesetz definiert."

In Wien, wo zuletzt der Straßenstrich stark eingeschränkt wurde, werde es unter Rot-Grün kein Verbot geben, sagt die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein. "Das würde nur mafiöse Strukturen beflügeln". Woran es in allen Ländern mangelt, sind die Ressourcen der Polizei: In Wien sind sechs Ermittler gegen Menschenhandel im Einsatz. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 5.12.2013)