Es stimmt: In einem utopischen Gesellschaftsentwurf ist Sexualität nicht käuflich. Und Träumen sollte auch immer Bestandteil dessen sein, wohin sich eine Gesellschaft entwickelt.

Beim Thema Sexarbeit lädt die Realität allerdings wenig zum Träumen ein. Denn aus den wenigen zuverlässigen Studien, die es gibt, wissen wir, dass Sexarbeit nicht verschwindet, nur weil sie verboten wird.

Stattdessen wird sie ins Verborgene oder ins Grenzgebiet von Ländern abgedrängt, die liberalere Gesetze haben. Ein Verbot zu fordern ist deshalb vielleicht die befriedigendste und naheliegendste Antwort für die eigenen ­politischen Überzeugungen. Doch die Probleme, die durch Sexarbeit entstehen, werden damit keinesfalls gelöst.

In Frankreich und nun auch in Deutschland gibt es Sexarbeiterinnen, die von der Politik ein Mitspracherecht bei der Regulierung ihrer Branche fordern. Und sie wollen nicht als Opfer wahrgenommen werden, sondern als denkende Subjekte. Diese Organisationen wären der perfekte Partner im Kampf gegen Zwangsprostitution.

Die Politik müsste viel tun: den selbstbewussten Sektor der Sexarbeit qua Gesetz stärken und Zwangsprostitution scharf ahnden. Am wichtigsten wäre es jedoch, die strukturellen Gründe für Sexarbeit zu bekämpfen: Das sind Armut und Chancenarmut in den Herkunftsländern der meist migrantischen Sexarbeiterinnen. Aber klar, so simpel, wie ein Verbot auszusprechen, wäre das natürlich nicht. (Ina Freudenschuß, DER STANDARD, 05.12.2013)