Wien - Die Stadt Wien novelliert gerade ihre Bauordnung, und dies beinhaltet auch eine Maßnahme, die von Bauträgern freudig erwartet wird: Die Verpflichtung, in jeder Wohnung einen sogenannten Notkamin zu errichten, soll demnächst Geschichte sein. Derzeit sieht die Wiener Bauordnung noch vor, dass zumindest ein Aufenthaltsraum jeder Wohneinheit einen "Anschluss an eine Abgasanlage" haben muss ("Notrauchfang"; Paragraf 106). Ausgenommen sind davon nur Passivhäuser.

Bauträger machen seit längerem auf die gestiegenen Kosten im Wohnbau aufmerksam, für die neben den Notkaminen auch die geltende Stellplatzverordnung verantwortlich ist. Auch sie soll, wie kürzlich berichtet, nun entschärft werden, dagegen gibt es kaum Widerstand. Bei den Notkaminen ist nun aber eine bestimmte Gruppe quasi auf den Barrikaden: die Kaminhersteller.

"Rettet den Kamin!"

Hans Herbert Schmoll, bis vor kurzem Geschäftsführer von Schiedel Kaminsysteme und nun als Berater selbstständig tätig, hat dagegen eine Petition mit dem plakativen Slogan "Rettet den Kamin!" gestartet. Für ihn ist ein Kamin "eine Sicherheit im Krisenfall. Eine Wohnung, die von leitungsgebundener Wärme abhängig ist, ist im Falle eines simplen Stromausfalles nicht zu beheizen." Weiters seien die Kosten schlicht zu vernachlässigen, rechnet er vor: Ein Kaminanschluss in einer 74 Quadratmeter großen Wohnung koste nur 0,77 Prozent der Errichtungskosten - insgesamt 1369 Euro. Bei einem Gesamtpreis von 177.600 Euro seien das 18,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Schmoll sagt, er habe die Initiative "Pro Kamin" gestartet, "um den Politikern seriöse Informationen zu liefern".

An der Seriosität dieser Rechnung kommt unter Bauträgern aber gehöriger Zweifel auf. "Wenn die Kamine wirklich so billig wären, dann wäre ja jeder Bauträger schlecht beraten, wenn er die Dinger nicht einbauen würde", sagt WKÖ-Bauträgersprecher Hans Jörg Ulreich - und lässt dem STANDARD eine Kalkulation über eines seiner jüngsten Projekte zukommen. Da beliefen sich bei einem Wiener Neubau im dichtverbauten Gebiet die Kosten des Kamins auf mehr als das Dreifache von Schmolls Werten, nämlich 62,88 Euro/m² oder 3,26 Prozent der Gesamtsumme. Seriöserweise müsse man nämlich alles mit einbeziehen: "Material, Stemmarbeiten, Durchbrüche, Stege und Terrassen für den Rauchfangkehrer auf dem Dach, und natürlich auch den Wohnflächenverlust."

Außer den Kaminherstellern, so der Wiener Bauträger weiter, weine dem Notkamin "niemand eine Träne nach". Im Übrigen werde der Einbau von Kaminen nicht verboten, sondern wird bloß nicht mehr verpflichtend nötig sein. Er selbst baue bei der Hälfte seiner Wohnungen weiterhin einen Kamin ein, sagt Ulreich. "Im gehobenen Wohnbau sind offene Kamine schon fast so wichtig wie ein schöner Parkettboden - dieser wird aber in keiner Bauordnung vorgeschrieben." Das hätten im Übrigen auch die Steirer und Oberösterreicher erkannt und die Notkaminpflicht wieder abgeschafft.

"Wiederkehrendes Thema"

Hier hakt nun aber wieder Schmoll ein. Das Thema sei nämlich grundsätzlich ein "immer wiederkehrendes", sagt der Kaminlobbyist. Anfang der 1970er-Jahre sei die Verpflichtung zum Einbau im Zuge der Ölkrise in den Bauordnungen der Länder verankert worden. Mittlerweile wurde sie neben Oberösterreich und der Steiermark auch in Salzburg, Tirol und Vorarlberg wieder abgeschafft. In Niederösterreich gilt sie de facto nur im mehrgeschoßigen Wohnbau; bei Einfamilienhäusern kann "über ausdrückliches Verlangen des Bauwerbers" davon abgesehen werden.

Für Michael Pisecky, Obmann der Wiener Immobilientreuhänder, ist die Angst, bei einem Stromausfall frieren zu müssen, "unbegründet, da Neubauten derart energieeffizient sind, dass selbst nach mehreren Tagen die Räume nicht so stark auskühlen". Im Ernstfall würden außerdem weder Heizmaterial noch ausreichend Öfen zur Verfügung gestellt werden können, sagt er.

Schmoll will aber weiterkämpfen: "Die Hoffnung stirbt zuletzt." (Martin Putschögl, DER STANDARD, 7.12.2013)