Ich habe nie das Bedürfnis verspürt, einen Baum zu pflanzen oder ein Haus zu bauen, dafür wollte ich schon länger einmal eine Ente frittieren. Die Ente ist für mich die Königin des domestizierten Geflügels: Ich habe nie verstanden, warum Menschen sich freiwillig mit Gänsen oder gar Truthähnen quälen, wenn sie auch Enten genießen könnten. Vor zwei Jahren habe ich mir das hier antiquarisch bestellt und bin beim Durchblättern bei der geräucherten Tee-Ente hängen geblieben. Viel mehr kann man einen Vogel küchentechnisch nicht durch die Mangel nehmen: Das Vieh wird erst gepökelt, dann geräuchert, schließlich gedämpft und zu guter Letzt in heißem Fett heraus gebacken. Seither hat mich die Idee nicht mehr losgelassen.

Als ich mich an die Arbeit gemacht habe, haben mich Zweifel ob des leicht pubertären Plans überkommen: Ich halte es allgemein für keine gute Idee, einen Vogel jenseits der Schnepfengröße im Ganzen zuzubereiten, weil er aus verschieden schnell garenden Teilen besteht. Dann habe ich mich an diverse chinesische Räucherenten erinnert, die zwar großartig ausgesehen haben, geschmacklich aber mehr als bescheiden waren. Im Endeffekt konnte ich aber nicht widerstehen und habe zumindest eine meiner beiden Enten frittiert – und es war gut so.

Foto: Tobias Müller

Sicher, die Brust der Tee-Ente wird zwangsläufig übergart und kippt geschmacklich leicht Richtung Leber – sie ist aber immer noch deutlich saftiger und besser als bei sehr vielen konventionell gebratenen Enten. Der Anblick der Ente ist spektakulär: perfekt und rundum gebräunt, dass Stefan Petzner neidisch wird, die Haut ist knusprig wie die Oberfläche einer feinen Creme Brulee, und die Haxen und Flügeln ein weich geschmorter Geflügeltraum. Und Rauch steht dem Federvieh ohnehin ganz hervorragend.

Hier folgen dennoch zwei Varianten: eine für Leute, die auf die perfekte Brust und etwas gefinkeltere Geschmäcker bestehen, und eine für die, die sich die fantastische Show nicht entgehen lassen wollen. Beide dauern zwar, machen aber nicht übermäßig viel Arbeit. Vor allem kann bis auf das finale Frittieren fast alles vorab gemacht werden – und dieser letzte Schritt ist sowieso viel spannender anzusehen als Kerzen auf einem Christbaum.

Das Pökeln

Pökeln sorgt dafür, dass der Vogel die Tour de Force möglichst saftig und tiefengewürzt übersteht. Der Chinese pökelt seine Ente trocken, das heißt, er reibt sie mit Salz und Gewürzen ein und lässt sie stehen. Ich habe das auch mit einem Vogel gemacht (siehe Fotos) - ich bin aber mehr ein Freund des nass Pökelns, also des in Salzlake Versenkens, weil ich mir einbilde, dass es bessere, tiefgehendere Würzergebnisse erzielt. Klassisch wird die Tee-Ente mit Sichuan Pfeffer und getrockneten Orangenschalen gewürzt: weil ich aber noch nie in Wien etwas bekommen habe, dass auch nur ansatzweise so schmeckt wie Pfeffer in Sichuan, habe ich ihn weggelassen und weil ich keine Orangen-Schalen hatte, diese durch Tannennadeln ersetzt – wirklich herausgeschmeckt habe ich sie aber ehrlich gestanden nicht. Wenn Sie eine gute Sichuanpfefferquelle haben, schlagen Sie zu. Das Tier schmeckt aber auch ohne das betäubende Prickeln köstlich.

Foto: Tobias Müller

Das Räuchern

Wie der Name vermuten lässt, wird die Tee-Ente über Jasmintee geräuchert, außerdem kommen noch Kiefernnadeln und Sägespäne zum Einsatz. Die Nadeln habe ich von meinem Blumenhändler erstanden, statt Sägespänen habe ich Buchenscheite genommen. Fuchsia Dunlop empfiehlt Zucker und Mehl, 1:1 gemischt, als Ersatz, falls wer weder Holz noch Nadeln hat.

Ich habe auf dem Kugelgrill geräuchert (hier klicken, wer keinen hat), Kohlen rein, Alufolie direkt darauf (glänzende Seite nach oben) und das Räuchergut auf der Folie verteilt. Das sorgt dafür, dass der Tee nicht sofort verpufft. Die Buche habe ich direkt zu den Kohlen gesteckt. Generell ist möglichst wenig Hitze gefragt: Ich bin nie über 70 Grad gekommen. Am Ende sollte die Ente zart gelb gefärbt sein – je nach Rauchentwicklung dauert das 30 bis 40 Minuten. Riechen Sie immer wieder an den entweichenden Schwaden – sie duften köstlich!

Foto: Tobias Müller

Das Dämpfen

Drei Dinge sind hier wichtig: Die Ente darf nicht mit dem kochenden Wasser in Berührung kommen; Sie muss in einer Schüssel liegen, damit ihre köstlichen Säfte nicht verloren gehen; und der Deckel des Dämpftopfs muss gewölbt sein, damit die Wassertropfen abrinnen und nicht auf die Ente tropfen.

Ich habe meinen großen Fondtopf genommen, eine kleine Schüssel verkehrt herum hinein gestellt und eine große Schüssel wiederum auf diese gesetzt. In der großen habe ich die Ente gedämpft. Obwohl nicht allzu viel Platz für den Dampf war, hat das hervorragend funktioniert. Achtung: Wenn Sie die kleine Podestschüssel im Wasser versenken, achten Sie darauf, dass möglichst wenig Luft darunter ist. Die dehnt sich beim Kochen aus und lässt die Schüssel ziemlich tanzen.

Das Frittieren

Hier geht's um viel Öl – und eine wirklich trockene Ente. Das Öl muss heiß sein und sollte nicht allzu viel Temperatur verlieren, wenn der Vogel drin versinkt. Nehmen Sie genug, dass die Ente zumindest bis zur Hälfte darin schwimmt. Ich habe vier Liter Rapsöl verwendet, das hat (fast) gereicht, um das Tier im Fondtopf zu bedecken. Und stellen Sie sicher, dass die Ente nach dem Dämpfen auch wirklich Zeit zum Trocknen hatte. Ist sie nass, schlägt sie mitunter zurück und verspritzt brennheißes Fett.

Foto: Tobias Müller

Ente, gepökelt, geräuchert, gedämpft, frittiert

Ein Tag vor dem Essen

In der Früh zwei Liter Wasser, 100 Gramm Salz und Gewürze ihrer Wahl zum Kochen bringen. Klassisch sind zwei Esslöffel Sichuanpfeffer, ein viertel Liter Reiswein, etwas getrocknete Orangenschale und ein Stück Ingwer. Ich habe ein daumendückes Stück Ingwer, einen ordentlichen Schuss Reiswein, einige Pfefferkörner, vier Lorbeerblätter, eine Hand voll Tannennadeln und einige Zweige Thymian genommen.

Foto: Tobias Müller

Die Flüssigkeit auskühlen lassen und die Ente darin versenken. Mit einem Teller beschweren, damit sie nicht oben schwimmt. Sechs bis zehn Stunden ziehen lassen. am Abend heraus nehmen und in einem Sieb mit kochendem Wasser (etwa zwei Liter) übergießen. Das wäscht die Lake ab und soll die Haut laut Chinesen später knuspriger machen. Über Nacht unbedeckt entweder im Kühlschrank oder je nach Witterung im Garten trocknen lassen.

Am Tag des Essens

In der Früh den Grill anwerfen und mit einer guten Handvoll Jasmintee, einer kleinen Handvoll Kiefernnadeln und einigen Buchenspänen räuchern (siehe oben). Nach 30 Minuten die Entenfarbe prüfen und gegebenenfalls noch etwas weiter räuchern lassen. Spielen Sie sich mit ihren Grillöffnungsschlitzen, um niedrige Hitze und beständige Rauchentwicklung zu bekommen.

Foto: Tobias Müller

Das Wasser im Dämpfer zum Kochen bringen. Die Ente gemeinsam mit einem Stück Ingwer und etwas Frühlingszwiebeln oder Lauch für eineinhalb Stunden in den Dämpfer packen. Heraus nehmen, die Flüssigkeit in der Ente wegschütten und jene in der Schüssel kalt stellen. Sobald das Fett oben hart geworden ist, es abschaben und fürs Braten aufheben (Es ist eine Menge. Achtung: Es ist geräuchert). Die Entensulz ist eine super Suppenbasis. Die Ente erneut einige Stunden trocknen lassen.

Foto: Tobias Müller

Wenn der große Moment gekommen ist, das Frittieröl in einem riesigen Topf erhitzen. Es sollte zum Zeitpunkt des Enteneintritts etwa 175 Grad haben. Wenn Sie schlecht im Schätzen sind, kaufen Sie sich am besten ein Öl-Thermometer (25 Euro im Küchenfachgeschäft). Die Ente vorsichtig, etwa mit einem gelochten Löffel, versenken und 10 bis 15 Minuten braten, bis sie schön braun ist. Noch vorsichtiger heraus nehmen (sie ist voll mit heißem Öl!) und ausleeren. Auf Küchenrolle abtropfen lassen, mit Sesamöl bestreichen und unter lauten "AH" und "OH" servieren. Dazu passt sehr gut Rotkraut mit Chili, Ingwer, Sternanis und Apfelsaft.

Foto: Tobias Müller

Tee-Ente deconstructed

Die Idee: Die Ente-Teile ihren Bedürfnissen entsprechend einzeln garen. Statt das Tier zu frittieren, Teile der Haut zu extrem knusprigen Chips braten. Und den geilen Dämpf-Sud gleich als Suppe verwenden. Die Haxen und Flügel landen in der Suppe, die Brust wird gebraten. Die Suppe ist üppig-rauchig-entig und wird daher als Hauptspeise serviert. Bereiten Sie hier extra einen Liter Hühner- oder Entenfond vor. Bis nach dem Räuchern gehen Sie genauso vor wie oben.

Am Tag des Essens nach dem Räuchern
Zerlegen Sie die Ente. Brüste zur Seite legen, den Haxen die Haut abziehen (wie man einem Kind ein T-Shirt auszieht, nur manchmal mit etwas Messereinsatz), Karkasse in handliche Größe hacken, eventuelle Hautstücke von der Karkasse entfernen und aufheben. Bringen Sie das Wasser in ihrem Dämpftopf zum Kochen, packen Sie die abgezogenen Beine, die Flügel, die Knochen, ein ordentliches Stück Ingwer, angedrückt, und etwas Frühlingszwiebel oder Lauch in eine Schüssel und dämpfen Sie das das Ganze für eineinhalb Stunden.

Foto: Tobias Müller

Währenddessen machen Sie die Hautchips: Die Bein- und sonstige Hautstücke in eine schwere Pfanne legen, auf niedrige Hitze schalten und einen Topf auf die Haut stellen, sodass sie gleichmäßig auf die Pfanne gepresst wird. Jetzt sollte das Fett aus der Haut ausrinnen und sie langsam frittieren. Nach 20 Minuten wenden – wenn sie klebt, nehmen Sie einen Metallschaber. Es ist fast unmöglich, die Haut zu verbrennen, so lange die Hitze sanft genug ist – lassen Sie sie ruhig eine Stunde braten, bis sie so richtig knusprig ist. Achja: entfernen Sie den Entenbürzel vorher. Der schmeckte in meinem Fall etwas streng.

Lösen Sie das gedämpfte Fleisch von den Knochen und lassen es etwa eine halbe Stunde in seinem Sud kalt werden, dann nehmen Sie es heraus, so lange der Sud noch flüssig ist. Sobald er kalt wird, das Fett oben abschaben und die Entensulz unten aufheben.

Foto: Tobias Müller

Für die Vorspeise:

Das Fett der Brust im Karo einschneiden. Die Brust mit der Fettseite nach unten in eine Pfanne legen, Herd auf schwache bis mittlere Hitze schalten und die Brust 15 Minuten braten. Wenden, Hitze erhöhen, zwei Minuten anbraten und mindestens 10 Minuten in ein 60 Grad warmes Rohr schieben. Der Vogel kann hier aber auch gern eine Stunde warten. Achtung: Brust auf den Rost legen, sodass die Säfte abtropfen können.

Ein halbes kleines Rotkraut hobeln, und zwei Orangen filetieren. Zwei Esslöffel Fischsauce, einen Esslöffel Sojasauce, einen Esslöffel braunen Zucker, den Saft einer Orange und vier Esslöffel Erdnussöl vermischen. Frische oder getrocknete Chilis drunter mischen. Rotkraut, Orangen und Dressing mischen.

Die Räucherbrust in nicht zu dicke Scheiben schneiden, auf dem Salat anrichten, salzen und bei Lust und Laune mit Erdäpfeln, in Räucherentenfett gebraten, servieren. Wer will (ich wollte) streut noch Koriander drüber.

Foto: Tobias Müller

Für die Suppe:

Das Fleisch auf vier Schüsseln verteilen. Die rohe Leber in etwa fünf Millimeter dicke Scheiben schneiden und ebenfalls auf die Schüsseln verteilen. Grünes Gemüse dazu – in meinem Fall Grünkohl, 15 Minuten gedämpft – ein ganz klein wenig frischer Ingwer, etwas Saures, etwa Sauerkraut oder klein gewürfelte Salzgurken, und, wer's üppig mag, ein rohes (Enten-)Eigelb. Die Entensulz mit genug Hühner- oder Entenfond mischen, zum Kochen bringen und die wallende Suppe über die Einlagen in den Schüsseln gießen. Mit Koriander bestreuen, die Hautchips darauf verteilen und servieren.

Foto: Tobias Müller

(Tobias Müller, derStandard.at, 8.12.2013)