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Britische Soldaten im Schützengraben in der Nähe des französischen Dorfes Morval während der Schlacht an der Somme.

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Straßburg - Senfgläser, Pfeifen, Blechgeschirr, Heiligenbildchen - banale Habseligkeiten von Soldaten zeichnen das tägliche Leben in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs nach. Zu sehen sind sie bis Ende 2014 in der Schau "Im Westen etwas Neues" im Archäologischen Museum in Straßburg. Sie ist eine von rund tausend Veranstaltungen, mit denen Frankreich 2014 an den Beginn des Ersten Weltkrieges erinnert.

Zu verdanken ist die Sammlung einer noch jungen Disziplin, der Archäologie des Ersten Weltkriegs. Über den ersten Weltkrieg gebe es zwar zahlreiche Dokumente, doch vieles liege noch immer im Dunkeln, betont der Archäologe Yves Desfosses. Meist werden Zeugnisse der Schlachten, die vor allem Ostfrankreich verwüsteten, eher zufällig etwa bei Straßenbauarbeiten entdeckt: improvisierte Gräber, in denen Soldaten in aller Eile tote Kameraden beerdigten, Granaten und andere Waffen oder Reste von Uniformen.

Lange Zeit interessierte sich außer Hobby-Historikern und Militaria-Sammlern kaum jemand für Funde aus dem Ersten Weltkrieg. "Noch vor 15 oder 20 Jahren landeten solche Gegenstände oft im Mülleimer", berichtet der elsässische Archäologe Michaël Landolt, der maßgeblich an der Straßburger Ausstellung mitgewirkt hat - der ersten dieser Art in Frankreich. Zu sehen sind Fundstücke aus rund 60 Ausgrabungsstätten, die seit 2005 entlang der Front im Elsass und in Lothringen zu Tage gefördert wurden.

Tödliche Falle

Besonders viele Exponate stammen aus deutschen Stellungen im hart umkämpften Südelsass. Dort hatten sich im März 1918 deutsche Soldaten des 94. Infanterieregiments im Kilianstollen verschanzt. Für 21 von ihnen wurde die unterirdische Kasematte nahe der Gemeinde Carspach zur tödlichen Falle: Französische Sprengkörper schlugen in ihren Unterstand ein - die Soldaten wurden verschüttet und blieben fast ein Jahrhundert lang begraben.

Erst vor zwei Jahren wurde die Stätte zufällig entdeckt und anschließend unter Leitung Landolts systematisch untersucht. Bei den Ausgrabungen entdeckten die Archäologen die sterblichen Überreste der 21 Soldaten. Am 19. Juli dieses Jahres wurden sie in Anwesenheit von deutschen und französischen Kriegsveteranen in Einzelgräbern beigesetzt.

Kriegsalltag im Schützengraben

Die in der Kasematte gefundenen Habseligkeiten der Toten vermitteln einen Eindruck vom Kriegsalltag, wie ihn bereits der Schriftsteller Erich Maria Remarque in seinem Erfolgsroman "Im Westen nichts Neues" beschrieben hatte. Selbstgebastelte Spielkarten und Würfel etwa, mit denen sich die Infanteristen zwischen den Offensiven die Zeit vertrieben. Schnapsflaschen aus Fresspaketen, die sie von Angehörigen bekamen oder Textilreste, die von der oft schlechten Ausrüstung zeugen.

Ein Kreuz aus vier Patronenhülsen, Marienbilder oder ein Rosenkranz mit einer feindlichen Kugel lassen ahnen, dass sich viele Soldaten aus Angst vor dem Tod in den Glauben flüchteten. Parfumflacons, Porzellantassen und Austernschalen zeugen von dem Versuch, den tristen Alltag etwas erträglicher zu machen. An den verheerenden hygienischen Umständen in den Kasematten änderte dies freilich nichts. Analysen der in Carspach gefundenen Skelette ergaben, dass sich in den Lebensmitteln der Soldaten Rattenkot befand. (APA, 06.12.2013)