Der Bitcoin-Kurs stieg von 13 Dollar auf über 1000 Dollar in weniger als einem Jahr.

Foto: Reuter/Urquhart

Wer erwartet hat, die jüngste Ankündigung der chinesischen Zentralbank, den Handel mit Bitcoins zu verbieten, würde einen Kurssturz bei der virtuellen Währung auslösen, der hat sich nicht getäuscht. In der Nacht auf Samstag fiel der Bitcoin-Dollar-Kurs um mehr als 20 Prozent und lag nur noch bei etwa 700 Dollar, 40 Prozent weniger als am Höhepunkt vor wenigen Tagen. Aber selbst das bedeutet immer noch einen Anstieg von mehr als 5000 Prozent seit Jahresanfang.

Irgendetwas hält den Bitcoin-Kurs immer noch in relativ lichten Höhen. Vermutet wurde vor allem Nachfrage von chinesischen Investoren, die die scharfen Kapitalkontrollen ihres Landes damit umgehen wollen, und das könnte trotz des jüngsten Verbots immer noch der Fall sein.

Dazu kommt, dass zwar einerseits zuletzt mehrere westlichen Notenbanken vor Bitcoins gewarnt haben, vor allem die französische, in den Monaten davor aber die Währung an Legitimität gewonnen hat. Sowohl der Fed-Vorsitzende Ben Bernanke als auch das deutsche Finanzministerium hatten erklärt, Bitcoins und andere virtuelle Zahlungsmittel wären eine akzeptable Alternative zu den etablierten Währungen.

Skepsis gegenüber der Geldpolitik

Sie folgten damit einem Zeitgeist, der Skepsis gegenüber der traditionellen Geldpolitik und die Faszination mit den ökonomischen Chancen des Internets widerspiegelt.

Diese Begeisterung für neue Online-Plattformen mag beim Handel und vielen anderen Bereichen gerechtfertigt sein, nicht aber beim Geld. Gerade die jüngste Erfahrung mit Bitcoins zeigt, wie unsinnig und riskant der Gedanke ist, private Zahlungsmittel außerhalb einer staatlichen Kontrolle zu schaffen.

Ich habe das schon vor zweieinhalb Jahren geschrieben, und meine Überzeugung hat sich seither nur verfestigt.

Abenteuerlich und nutzlos

Noch sind Bitcoins – anders als vieles, was in der Bankenwelt geschieht – keine echte Bedrohung für die Stabilität des globalen Finanzsystems. Dafür sind die Geldmenge und die Nachfrage noch zu niedrig. Aber bereits in ihrer etwas eingeschränkten Nische haben Bitcoins sich als abenteuerliches Instrument erwiesen, das viel Schaden anrichten kann und kaum einen Nutzen hat.

Die Anonymität von Bitcoins wird vor allem von denen geschätzt, die irgendwelche Gesetze brechen. Silkroad war wohl nur die Spitze des Eisbergs. Und wie sich gerade bei diesem Verbrechersyndikat gezeigt hat, bietet Bitcoin nicht einmal vollen Schutz der Privatsphäre.

Die Transaktionskosten sind zwar niedrig, weil etwa die Kreditkartenspesen bei internationalen Geschäften wegfallen. Aber das Risiko, dass man bei Bitcoins betrogen oder bestohlen wird oder sie einfach auf der Festplatte verliert, ist hoch.

Es fehlt der Anker in der Realwirtschaft

Und das Schlimmste ist, dass Bitcoins, denen jeder Anker in der Realwirtschaft fehlt, ein besonders volatiles Spekulationsobjekt sind. Was ist der wahre Wert: 13 Dollar oder 1300 Dollar (beides in diesem Jahr gesehen)? Dieses Problem stellt sich bei keiner echten Währung, denn die ist mit ständigen Zahlungsströmen verknüpft.

Selbst wenn man Bitcoins nur kurzfristig hält und gleich wieder ausgibt bzw. umwechselt, ist das Risiko enorm – viel größer als bei irgendwelchen anderen Finanzinstrumenten.

Und all jene, die in den vergangenen Monaten in Bitcoins investiert haben, weil sie am Wertanstieg partizipieren wollen, werden entweder unverschämt viel Geld verdienen, wenn sie rechtzeitig aussteigen – oder noch mehr verlieren, wenn sie den Zeitpunkt des Exits nicht erwischen. Die Bitcoin-Blase wird, das ist gewiss, platzen – wie jede andere durch Spekulation hochgepushte Vermögenswerte auch.

Bitcoins sind zwar klug konzipiert und technologisch genial, aber ökonomisch ein reiner Unsinn. Sie beruhen auf der Vorstellung, die wohl auch von einigen meiner Poster vertreten wird, dass die Geldschöpfung durch Noten- und Geschäftsbanken eine Art Verschwörung finanzieller Eliten gegen die Masse der Menschen darstellen.

Hayeks größter Irrtum

Dazu kommen die Ideen von Friedrich von Hayek, der einen freien Wettbewerb privater Währungen propagierte, um so dem besten – also stabilsten – Geld zur Marktführerschaft zu verhelfen. Von allen kreativen, aber oft unausgegorenen Ideen Hayeks ist das meiner Meinung nach die verrückteste.

Ein nicht reguliertes Geldschöpfungssystem schafft genauso wenig Wohlstand wie Anarchie Freiheit bringt. Geldpolitik gehört von Experten gesteuert. Auch wenn Notenbanken ihre Aufgabe nicht immer so gut erfüllen wie sie sollten – einmal drucken sie zu viel Geld, dann wieder zu wenig -, sind sie noch allemal besser als eine völlige Dezentralisierung, die massive Verwerfungen hervorrufen kann.

Die Welt braucht kein virtuelles Geld, auch wenn es technisch möglich ist. Ganz lässt es sich nicht verhindern, aber Notenbanken und Gesetzgeber sollten klarstellen, dass Bitcoins und seine Mitbewerber kein anerkanntes Zahlungsmittel sind, von etablierten Institutionen nicht verwendet werden dürfen und Ansprüche, die aus Geschäften mit ihnen erwachsen, rechtlich nicht durchsetzbar sind.

Der richtige Zeitpunkt für ein Verbot ist jetzt, bevor diese Mode weiter um sich greift – und der mögliche Schaden wächst. (Eric Frey, derStandard.at, 7.12.2013)