Bild nicht mehr verfügbar.

Erwin Pröll will Post, Telekom und OMV privatisieren lassen.

Foto: APA/Fohringer

Wien - "Es ist ernst", sagt Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, und diese Dramatik hat er Bundeskanzler Werner Faymann am Freitag bei einem Abendessen näherzubringen versucht. "Wir haben nicht nur ein Glas Wein getrunken", berichtet Pröll dem STANDARD, "ich habe dem Kanzler sehr offen den Ernst der Situation klargemacht." Es gebe eine ganze Reihe von Knackpunkten, der Landeshauptmann hat dem Kanzler in allen Details die Bedingungen referiert, die die SPÖ erfüllen müsse, damit die ÖVP mit ihr in eine Koalition gehe.

Der Konsolidierungspfad müsse bis 2018 in den wesentlichen Eckpunkten darstellbar sein, sagt Pröll, "da darf es kein Wischiwaschi geben". Bereits 2014 und 2015 müssten in allen Ressorts deutliche Sparmaßnahmen gesetzt werden, auch solche, die "tief ins Fleisch schneiden", wie es Pröll formuliert.

Im Pensionsbereich müsse es spürbare Reformen geben, ebenso müsse jetzt eine wirksame Verwaltungsreform umgesetzt werden. Doppelgleisigkeiten müssten abgeschafft werden, Pröll nennt den Schulbereich: Am Montag verhandeln Bund und Länder. Pröll will, dass die Bundeslehrer (AHS- und BMHS-Lehrer) in Länderkompetenz überführt werden. "Das ist ein ganz wesentlicher Punkt", sagt der Landeshauptmann, damit könnten 1200 Dienstposten in der Verwaltung eingespart werden.

Was Pröll dem Kanzler noch aus dem schwarzen Parteivorstand, der Stunden zuvor tagte, hinterbracht hat: "Wir müssen Gelder lukrieren, die man für das Wachstum braucht" - durch Privatisierungen. "Es ist die Quadratur des Kreises", sagt Pröll, "wir müssen bei den Ausgaben massiv bremsen, gleichzeitig aber spürbare Wachstumsimpulse setzen." 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze müssten geschaffen werden.

Keine Tabus

Privatisierungen müssten bei der Post, der Telekom und der OMV stattfinden, zählt Pröll auf, der Staat solle nur noch eine Sperrminorität halten. Die Fantasien der ÖVP gehen aber noch weiter: "Da darf es grundsätzlich keine Tabus geben", sagt Pröll und führt auch die ÖBB-Schieneninfrastruktur als Privatisierungskandidaten an. Pröll zum STANDARD: "Es ist uns wirklich wichtig." Das müsse auch Faymann verstehen, und sein Eindruck sei, dass das beim Kanzler angekommen sei.

Faymann: Routinetreffen

Im Kanzleramt wurde am Samstag auf Anfrage der APA betont, dass es sich beim Treffen mit Pröll um ein Routinetreffen gehandelt habe. Die beiden Politiker würden regelmäßig miteinander sprechen, der jetzige Termin sei zufällig in die heiße Phase der Koalitionsverhandlungen gefallen.

Bestätigt wurde im Büro Faymanns, dass das Treffen der Regierung mit den Landeshauptleuten am Montag Thema gewesen sei. In diesem Zusammenhang seien auch Fragen der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern sowie die Frage, wie der Budgetpfad zum strukturellen Null-Defizit 2016 einzuhalten sei, erörtert worden. Dass dieses Treffen Faymanns mit einem der mächtigsten ÖVP-Landeshauptleute nur wenige Tage nach dem Gespräch Spindeleggers mit dessen Wiener SPÖ-Pendant Michael Häupl stattgefunden hat, wird von Beobachtern als weiteres Indiz dafür gewertet, dass die Koalitionsverhandlungen nun in der entscheidenden Phase sind.

Neue Bewegung

In den nächsten Tagen sollte Bewegung in die Verhandlungen kommen: Am Montag trifft die Regierungsspitze mit den Landeshauptleuten zusammen, dazu nimmt sie die Gehaltsverhandlungen mit den Beamten wieder auf. Am Donnerstag treten schließlich die roten Gewerkschafter zusammen - auch sie müssen der SPÖ ihren Segen zu den Koalitionsbedingungen geben.

Es sind sieben Punkte, die im ÖVP-Vorstand am Freitagnachmittag formuliert wurden, von Pensionen über Verwaltungsreform bis hin zu Konsolidierungspfad und Privatisierungen. Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl sieht zu viele "unverbindliche Absichtserklärungen". "Da wird noch einiges an Bewegung notwendig sein", sagte er. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zeigte sich zuversichtlicher, es gebe da und dort noch offene Fragen, inhaltlich sei aber schon "viel da". Staatssekretär Reinhold Lopatka meinte, wirklich erledigt seien nur ein paar Bereiche. (Michael Völker, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 7.12.2013)