Aus dem Präsidentenpalast in Astana verspürt Alijew (Bild) "den Zorn des Diktators".

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Ins Media Quarter Marx in Wien hat er investiert.

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Die Frist der Kaufoption läuft noch drei Wochen. Mit Ende des Jahres wird klar sein, ob die VBM Beteiligungsmanagement GmbH, an der über ein Firmengeflecht auch der ehemalige kasachische Botschafter Rachat Alijew beteiligt ist, alleiniger Eigentümer des Media Quarter Marx im dritten Wiener Gemeindebezirk sein wird. Die Neugestaltung am Gelände des ehemaligen Schlachthofs St. Marx wurde 2007 als Public-private-Partnership initiiert, heute steht das einstige Prestigeprojekt aber zunehmend in der Kritik. Die Wiener Oppositionsparteien laufen Sturm gegen den Deal. Im Zusammenhang mit Alijew liegt der Vorwurf der Geldwäsche im Raum. Die Wiener ÖVP fürchtet zudem, dass der Steuerzahler draufzahlt, wenn das 35.000 Quadratmeter große Stadtentwicklungsprojekt, das unter anderem den Fernsehsender Puls 4 und die "Wiener Zeitung" beherbergt, zu günstig verkauft wird (der Standard berichtete).

Gern gesehener Gast

Doch wie kam es überhaupt dazu, dass die Wiener SPÖ Geschäfte mit Alijew macht? Sie behauptet zwar, erst seit 2012 zu wissen, dass sich hinter der VBM auch der umstrittene kasachische Ex-Botschafter verbirgt (siehe Chronologie), Alijew selbst schreibt in einem Buch aber anderes. Spitzenpolitiker der Wiener SPÖ seien von Anfang an informiert gewesen, unter anderem die Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner, die das wiederum bestreitet. Alijew ist seit 2002 gern gesehener Gast in Österreich. Damals kam er zum ersten Mal als Botschafter nach Wien. Er war mit der Tochter des Staatschefs Kasachstans, Nursultan Nasarabajew, verheiratet. In Österreich baute er Kontakte zu heimischen Wirtschaftstreibenden und Politikern auf. Zum Beispiel zu Adolf Wala, ehemaliger Präsident der Nationalbank, der ihm später auch zum Deal in St. Marx verholfen haben soll.

2005 folgte die Rückkehr nach Kasachstan, die aber nur von zweijähriger Dauer war, denn im Jänner 2007 - Alijew war mittlerweile Vizeaußenminister - verschwanden zwei Manager der kasachischen Nurbank spurlos. Haupteigentümer der Bank war Alijew. Rechtzeitig bevor die Ermittlungen wegen Entführung aufgenommen wurden, kam Alijew im Februar 2007 wieder als Botschafter nach Österreich; zwei Monate nach Amtsantritt wurde er wieder abgesetzt.

Alijew blieb in Österreich. Seine Kontakte zur österreichischen Politik waren mittlerweile weitreichend. Ein Wiener Gericht lehnte im August 2007 den Auslieferungsantrag mit der Begründung ab, Alijew könne in Kasachstan kein faires Verfahren erwarten. Es stellte sich damit hinter Alijew, der das Verfahren als politisch motiviert bezeichnet hatte. In Abwesenheit wurde er in seiner Heimat zu insgesamt 20 Jahren Haft verurteilt. Österreich ermittelt erst seit 2011, als die Leichen der Bankmanager in Kasachstan gefunden wurden, gegen Alijew, der mittlerweile mit seiner zweiten Frau in Malta lebt.

Auch in Deutschland befindet er sich auf dem Radar einer Staatsanwaltschaft. In Krefeld soll er bei Investments in ein mittlerweile pleitegegangenes Metallwerk Geldwäsche in Millionenhöhe betrieben haben. Eine Anklage ist ebenso wie in Österreich noch nicht erfolgt. Deutsche EU-Parlamentarier verlangen längst einen internationalen Haftbefehl, in der "Zeit" sagt Grünen-Politikerin Viola von Cramon: "Der Mann ist schlicht und einfach ein Verbrecher, es ist lächerlich, wenn er sich als verfolgter Oppositioneller präsentiert." In Österreich gibt es dafür nach derzeitigem Stand der Dinge aber keine Beweise, für Alijew gilt die Unschuldsvermutung.

Spionageverdacht

Auch der ehemalige österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer wird im Zusammenhang mit der Causa Alijew immer wieder genannt. Er berät Präsident Nasarabajew, mittlerweile Alijews Erzfeind. Er wird verdächtigt, Kasachstan mit vertraulichen Dokumenten im Fall Alijew versorgt zu haben. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittle wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeiten, berichtete "Profil". Die Staatsanwaltschaft bestätigte das Vorliegen der Anzeige, nicht jedoch die Ermittlungen. (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 9.12.2013)